Das Alraunmännlein

Der Grazer Gerichtsbeamte Del Rio fand im Jahre 1578 ein Zauberbuch und einen winzig kleinen Sarg, in dem ein altes, schwarzes Alraunmännlein lag. Es hatte keinen Bart, jedoch langes Haar. Das Alraunmännlein wurde für die Zauberei und zur Vermehrung von Geld gebraucht. Ein Alraun wird aus der Wurzel von „Mandragora officinarum“ herausgeschnitzt. Diese Wurzel muss um Mitternacht bei Neumond und unter einem Galgen ausgegraben werden, weshalb der Alraun auch Galgenmännlein heißt. Doch die Wurzel ist nicht leicht zu finden. Hat man einen Wurzelstock entdeckt, so wird eine Schnur an die Wurzel gebunden, die dann ein Hund aus der Erde zieht. Der Mensch muss unbedingt dabei seine Ohren verstopfen, da die Wurzel beim Herausziehen fürchterlich schreit. Dieses Geschrei kann für den Menschen tödlich sein. Die berühmtesten Besitzer einer dieser Zauberwurzeln waren Kaiser Rudolf II. und Jeanne d'Arc, die Jungfrau von Orleans. Der Gerichtsmann Del Rio nahm den Alraun aus dem Särglein und riss ihm die Arme aus. Danach warf er das Zauberbuch, den Sarg und das Alraunmännlein ins Feuer.

Quelle: Johann Schleich (Hg.), Der steirische Sagenschatz, Graz 1999, S. 377