Die Burg Klamm am Schöckl

An der Südseite des Schöcklgebirges liegt die uralte Burg Klamm in altersgrauen Trümmern, sie führt im Munde des Volkes den Namen Ehrenfels.

Ein einziger Turm ragt noch fest und drohend aus dem Lärchen- und Tannengehölze hervor, und so alt ist das unbewohnte Gemäuer, daß Gesträuche auf den Kanten des Turmes angewachsen sind und selbst ein Baum mit mächtigen Wurzeln aus dem Gesimse eines öden Fensters Stamm und Aste hinausschwingt in die freien Lüfte. Dies Schloß gehört der grauen Vorzeit an und reicht noch in die Römerepoche, wie denn rund um den Schöckl Römerdenkmale zu finden sind, von denen besondere Merkwürdigkeit jenes zu Semriach hat.

An der dortigen Kirche sieht man einen Römerstein mit den plastischen Brustbildern eines Mannes und einer Frau. (Diese bezeichnet die alte Sage wirklich als die Gründer dieser Kirche und versichert, die dem Manne auf die Schulter gelegte Hand der Frau bedeute den ermutigenden Zuspruch, womit sie ihn angeeifert habe, sich durch kein Hindernis vom Bau abschrecken zu lassen.)

Die alte Klammburg stand, wie deutlich zu sehen, hart am ehemaligen Saumweg, jetzt die Römerstraße genannt, die vom Süden nach Norden aus dem Murtal nach Klamm, St. Radegund und über den Schöckl nach Kumberg führte.

Im Schöcklberg, der im Volksmund häufig der „Gschöckel“ genannt wird, ist vielleicht mit einiger Wahrscheinlichkeit der „Mons Gesacus“ zu finden. Im Mittelalter war die Klammburg eine bedeutende Feste, und vom 12. bis 14. Jahrhundert wird ein eigenes Geschlecht edler Besitzer, „von Klamm“ genannt, in den Urkunden aufgeführt.

Von dieser Zeit an findet sich keine Spur mehr von diesem Edelgeschlecht,- und in den nachfolgenden Zeiten dienten Trümmer, Turm und Graben als Aufenthalte und Schlupfwinkel für Wegelagerer oder zur Gegenwehr raubziehender Türkenhorden.

Darum mischt die Sage auch Nahes und Fernes miteinander, das zu trennen nicht mehr möglich ist.

Sie teilt den Herren von Stubenberg den alten Besitz der Burg Klamm zu. Hierher sollen die Stubenberger gar oft aus Stubenberg und Stubegg ihren reichen Schatz in Sicherheit gebracht haben, den jetzt eine unbekannte Höhle des Schöcklberges birgt, wozu die goldenen Schlüssel aus dem Besitz der Grafen des günstigen Augenblickes und des Gottbegünstigten harren, dem das Zaubertor sich zeigen wird. Es soll sich daher um Zwillinge handeln, die unter besonderen Umständen geboren werden.

Ein alter, stubenbergischer Schreiber wußte vor Jahren in der Bierschenke von Passail bei schwachem Kerzenlicht und vollem Kruge den verwundert horchenden Bauern gar viel von den Burgen Stubegg und Klamm, von dem Stubenberger Schatze und den sie bewachenden Geistern zu erzählen.

Quelle: Anton Meixner, Sagensammlung.
In: Annemarie Reiter (HG.), Grazer Sagen und Geschichten, Graz 1996, S. 193.