Der Dank des Bergmännleins

Auf den Bergen südlich von Radmer, auf dem Zeiritzkampel, Ochsenkogel, Kragelschinken, Wildfeld u. a. hausten früher zwergenhafte Bergmännlein, die dort in den zahlreichen Höhlen und Klüften verborgen lebten und unermessliche Schätze besaßen. Sie trugen für gewöhnlich lange braune Kutten, auf dem Kopfe eine spitze Zipfelmütze, und ihr langer, eisgrauer Bart reichte fast bis zu den Füßen hinab. Eines Tages hütete ein älterer Halter auf einer Alm, Weidboden genannt, seine Ochsen, lag behaglich im duftigen Grase und ließ sich von der Sonne bescheinen. Dabei schlief er unversehens ein. Als er einmal die Augen öffnete, stand ein Bergmännlein vor ihm und sprach: „Lieber Halter, du hast drüben ein Paar recht starke Ochsen. Sei so gut und leih sie mir bis morgen früh, damit ich meinen Schatz in eine andere Höhle schaffen kann. Den Lohn findest du dann auf ihren Hörnern.“ Weil der Halter wusste, dass die Bergmännlein auch recht rachsüchtig sein können, willigte er ein. Voll Freude trieb das Zwerglein die beiden Ochsen fort und war mit ihnen bald verschwunden. Als der Halter am nächsten Morgen seine Herde musterte, waren auch die beiden ausgeliehenen Ochsen dabei. Neugierig betrachtete er die Tiere und sah sogleich, dass die Hörner der Ochsen mit einer dicken Lehmkruste überzogen waren. „Na“, sagte er laut, „da hat mich der Wicht schön betrogen!“ Doch als er die Lehmkruste entfernen wollte, merkte er, dass es kein Lehm war, sondern pures Gold. Er sammelte es sorgfältig in seiner Weidtasche, verkaufte das Gold und brauchte kein Halter mehr sein.

Quelle: Auszug aus „Was die Heimat erzählt“ Steirische Heimathefte, Heft 6
Email-Zusendung Andy, März 2024