Das Grafenschloß gegenüber von Neideck.

Auf hohem Fels stehen heute noch ganz armselige Reste des einst stolzen Schlosses Grafenstein, im Volke insgemein Grafenschloß genannt. Unter den Trümmern dieser Burg ist ein Geschröff. Dort hatte ein Bub Vieh gehalten. Und weil ihn gedürstet hat, ist er am Geschröff vorbei gegangen hinüber zum Brünnlein. Da fand er im Felsen eine offene Tür, die er nie gesehen hatte. Er schaute hinein und sah drinnen gleich bei der Tür einen Sack voll Gersten stehen.

"Ei," dachte er sich, "der mag für meine Gaisen ein guter Zubiß sein."

Und so nahm er einige Handvoll in seinen Hut und eilte zum Brünnlein hinüber, um zu trinken. Dabei schüttete er die Gerste aus und benützte den Hut zum Trinken. Dann gedachte er, wenigstens eine Handvoll der Gerste für die Gaisen mitzunehmen, und eilte diesen zu. Doch diese gamerigen Viecher verschmähten diesen Zubiß. Ärgerlich streute er die Körner in den Wind und trieb seine Gaisen heim. Und da es tags darauf schneite, kam er erst ein Jahr darauf dazu, dorthin sein Vieh zu treiben. Wie staunte er, als er an der Stelle, wo er seine Gerste verstreut hatte, eine Anzahl Goldstücke fand. Er lief auch zum Brunnen und fand auch dort Gold; doch war es so versteckt im hohen Gras, daß er bei weitem nicht alles fand. Und seitdem ist dieser Boden beim Brunnen goldhaltig.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 8.
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