Der arme Halterbub.

Ein armer Halterbub stieg einst seinen Gaisen nach gegen das Puxerloch. Da kam auf ihn ein rotes Männlein zu und sagte zu ihm: "Komm mit!" Der Bub solgte ihm unverzagt auf steilem, schwindeligen Pfad zur zweiten Höhle, zur "Kuchl". Dort sah er im Innern Truhen mit Silbergeld.

"Greif hinein und steck ein!" sagte freundlich das Männlein, und mit Freuden steckte der Bub alle seine Säcke mit Silbergeld voll. Und wie er wieder hinabkam auf steilem Weg zu seinen Gaisen, sagte das Männlein zu ihm:
"So oft du Geld brauchst und brav bleibst, komm in gleicher Stunde zum gleichen Ort, und du wirst mich wieder finden."

Der Herr des Buben, ein geiziger, harter Filz, staunte nicht wenig, im Besitz des Buben Silbergeld zu sehen, und kam bald hinter das Geheimnis.

Nun ging er selber hinauf und schickte den Buben mit den Gaisen ganz anderswo hin; doch war sein Weg vergebens. Zwei-, dreimal, zehnmal ging er hinauf, nie traf er das Männlein. Und wenn er einmal ausblieb und es kam der Bub hin, kehrte dieser reich beschenkt zurück. So wurde der Bub mit der Zeit ein vermögender Mensch und brauchte nicht mehr des Geizhalses Gaisen zu hüten, — aber er wurde nicht stolz und hatte Mitleid mit allen. Der Geizige, der schon etliche hundertmal hinaufgestiegen, wurde alt und mühselig, doch vergebens war immer der Weg, wenn er auch mitunter das Männlein hoch oben klettern gesehen. Eines Tages aber ward ihm das Glück hold, er traf das Männlein und folgte ihm auf dem schroffen Weg zur Höhle. Droben aber füllte er gierig aus der Geldtruhen die mitgebrachten Metzensäcke und schleppte sie heraus, — da ein Fehltritt und der Geizhals stürzte in die Tiefe.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 62.
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