Die verwunschenen Rosen.

Ein unschuldig Gefangener hat den Raubritter vom Puxerloch verwunschen und vom Herrgott gesordert, daß dort, wo vor der Burg die schönsten Rosen blühten, hinsort nur blütenlose Dornenhecken wachsen sollten. Am nächsten Tag waren schon alle Rosen verwelkt, und nur z'nichle Krankel streckten ihre dornichten Zweige empor. Und so ist es bis zum heutigen Tag geblieben.

Diese Sage arbeitete ich in folgende Ballade um:

Vor der Höhle von Schallaun
Wächst ein dornicht wirres Reis;
Weh den Wandrern, die sich traun
Durch den Schlehdorn blütenweiß.

Zu der Kochburg von Schallaun
Stieg ein Sänger einst hinan,
Um für seinen Minnesang
Seine Gabe zu empfahn.

Rote Rosen sah er blühn
Vor der Kochburg von Schallun,
Eine Rasenbank davor
Lud ihn ein zum süßen Ruhn.

Sah ein Mägdlein wunderschön
Bei den Rosen von Schallaun,
Wie noch niemals er gesehn
In den weiten Alpengau'n.

Sang ein Lied der junge Fant
Vor der Maid von Lieb und Main,
Und aus ihrer zarten Hand
Eine Rosenblum' ward sein.

„Wer gab dir des Gastes Recht“,
Fuhr der Herr der Burg Schallun
An den Sänger, „ekler Knecht,
In den Rosen hier zu ruhn?

Und du hast dich auch erfrecht,
Meiner Tochter dich zu nah'n,
Für dein Liedlein arm und schlecht
Eine Rose zu empfahn!“

„Rosen sind der Minne Gold,
Sind des Sängers schönster Lohn.
Weiter's hab ich nicht gewollt; —
Leichten Sinn's zieh ich davon.“

„Nimmer wirst für deine Tat
Leichten Sinn's von dannen gehn;
Deine Augen nehm ich mir,
Sollst Rose nicht und Maid mehr sehn.“

„Grausamer Kerr, das tut ja nicht!
Denn wo noch rote Rosen stehn,
Dort würdet ihr dann über Nacht
Nur dichte Dornenhecken sehn.

Wer süßen Sang von Lieb und Main
Mit grausem Handeln nur belohnt,
Des Ros' verwelkt, des Burg zerfällt
Und Grausen in den Hallen wohnt.“

Das mut'ge Wort des jungen Fant
Bewog des Ritters Wüten nicht,
Vor seinen Augen glüht das Erz
Und in den Augen starb das Licht.

Doch ew'ge Nacht dräut auf Schallaun
Auch ob des Ritters grauser Tat.
Der Ritter starb, die Burg zerfiel,
Die solche Tat gesehen hat.

Und vor der Höhle von Schallaun
Dort wächst ein dornicht, wirres Reis;
Weh allen Wandrern, die sich traun
Durch dieses Schlehdorns Blütenweiß.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 56.
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