DIE VERWÜNSCHTE ALM

In der Gemeinde Ardning, nordwestlich von Admont, liegt der ziemlich bedeutende Pleschberg. Obwohl sein langgestreckter Rücken grünen Rasen zeigt, finden hier nur wenige Schafe für sich genug Nahrung.

Vor langer Zeit war der Pleschberg eine der schönsten und reichsten Almen weit und breit. Aus der ganzen Gegend herum trieben die Leute ihr Vieh hinauf und es gedieh prächtig, so daß die Viehbesitzer sehr reich wurden. Wie kam es aber, daß gerade auf dieser Alpe die Rinder und Schafe so vortrefflich gediehen? Nun, es wuchsen da gar saftige Kräuter, wovon die Kühe eine ausgezeichnete Milch gaben. Auch wohnten auf der Pleschen, wie der Berg gewöhnlich genannt wird, kleine, winzige Bergmännchen, gar so freundlich und gefällig gegen die Hirten und Bauern. Den Schwaigerinnen standen sie bei, wenn diese Butter, Käse und Schmalz bereiteten; den Haltern halfen sie das Vieh zusammentreiben, leiteten es von den jähen Abstürzen weg, und wenn ein Stück verlorengegangen war, suchten sie es so lange, bis sie es fanden, was ihnen auch jedesmal gelang. Für diese kleinen Liebesdienste verlangten sie nur ein wenig Milch, Butter und Käse, welches ihnen die Leute sehr gerne gaben. Eine besondere Belustigung war es für diese Bergmännchen, auf dem Rücken der Rinder zu reiten.

Lange dauerte dies gute Einvernehmen zwischen den Bergmännchen und den Leuten auf der Alm. Da wurde einst ein neuer Hirte angestellt; dieser glaubte an nichts und schalt den ganzen lieben Tag. Das mochten denn die guten Bergmännlein gar nicht leiden; sie wurden dem greulichen Flucher abhold und zeigten es ihm auch, indem sie gerade ihm nicht mehr helfen wollten. Dies merkte auch bald der böse Hirte; er schalt noch ärger auf die Bergmännchen und beleidigte sie, wo er nur konnte. Als sie einst wie gewöhnlich auf dem Rücken der Rinder saßen und sich am Reiten ergötzten, lief der Hirte zornig hinzu und peitschte sie mit der Geißel herab. Da waren die Männchen- so erzürnt darüber, daß sie weit fort auf einen unbekannten Berg zogen und die Alpe auf der Pleschen verwünschten.

Seitdem wächst auf dem Pleschberge nur wenig Gras mehr.

Sagen aus der grünen Mark, Hans von der Sann, Graz 1911