Helf Gott!

Es ging ein Bursch durch die Weite, am Abend, als die Welt recht still und schön war. Dem Burschen aber deuchte: die Dirndln seien noch das Allerschönste darauf; drum war sein Sinn aufs Gasselgehen gestellt.

Wie er ein Stückl gewandert ist, hat er einen Genossen gefunden. Ein Jager hat sich ihm zugesellt; ein großer schlanker Mensch mit Augen wie glimmende Kohlen. Die beiden kamen bald ins Gespräch, worüber? Übers Tanzen halt, übers Karteln und Würfeln, auch übers Robbeln und Raufen. Und der junge Bursch hat's frei einbekannt, daß er sich nichts lieberes weiß als wie Perlaggerspielen eine ganze Nacht lang und ordentlich trinken dazu. Höchstens das eine, was noch drüber geht: mit Dirndln umeinandziehen und verliebte Geschichten aufstellen, 's Arbeiten hingegen - gibt er zu - freut ihn schon weniger und's Kirchgehn gar nicht. An allem, was der Bursch sagt, hat der Jager eine große Freud gehabt, ihn sehr gelobt und sich recht betulich und kameradschaftlich gegen seiner erzeigt.

Amerst ist der Bursch drob stolz gewesen und hat zu Fleiß noch recht aufdraht, was für ein Kerl, daß er ist. Aber so kleinweis ist ihm an dem Jäger, dem handsamen, etliches aufgefallen: was für ein falsches Lachen er hat und daß seine Augen, samt dem, daß sie dunkel sind, so einen grünen Scheinhaben wie bei einer Katz. "Kamerad," denkt sich der Bursch, "recht taug'n tust mir decht nit." Noch eins kommt ihm gespaßig vor: daß, wo sie beide gehen, alles Getier sich verschlieft und schweigt; nur die Raben flattern auf, und die Habergeißen schreien überlaut.

Mit einmal schaut der Bursch an dem Jäger hinab: ja Herrschaft, was hat denn der für Haxen? Schaut ja der eine schier aus, als war's ein Huf! - "Mensch, wer bist du?" fahrt's ihm heraus.

"Wer wird auch so dumm fragen!" lacht der Teufel, denn richtig ist ers gewesen. "Wir kennen einand doch schon lang. Darfst nicht fürchten: ich tu dir nix." "Heut nicht" - hat er inwendig hinzugesetzt.

"Ich fürcht mich nicht," druckt der Bursch heraus, ob ihm gleich's Grauen schier die Red' verschlagen hat. Aber er bezwingt sich und tut ganz gemütlich. "Grad wissen möcht ich, wo du hingehst," hat er gesagt.

Der Teufel muß, scheint's, seinen gesprächigen Tag gehabt haben, denn er hat's dem Burschen anvertraut, was er im Schilde führt. Ins nächste Ort will er, zu der und der Dirn, auf die er längst schon einen G'lust hat: ein verliebter Patsch, das Madl, leichtfertig, nix im Kopf als wie Putz und Lustbarkeit. Er streicht schon ein Zeitl um sie herum; jetzund - meint er - möcht sie reif sein!

Der Bursch kennt die Dirn, ist ein paarmal zum Tanz drüben gewesen. Ein bildsauberes Gitschele: sie hat ihm selber nicht übel gefallen. Daß sie auf der leichten Seiten ist, weiß freilich ein jedes.

"Ah, da schau her: ein fettes Bratl hast dir ausgesucht, Höllenwirt! Kein schlechten Geschmack hast, das muß der Neid dir lassen. Aber meinst wirklich, daß sie reif ist für dich und daß sie dir nimmer auskommen kann? Meinst, du brauchst grad hingehen und sie vom Fleck weg mitnehmen?"

Der Kamerad im Jägerhabit zwinkert listig: ein Licht wie grüne Schlänglein glitzert ihm in den Augen. Doch, er weiß genau, wie alles zugehen wird! Ein Zeitl wird er ihr schön tun und sie wird sich nicht viel spreizen -, dann aber kommt ein heftiges Niesen sie an - "und dann gehört sie mein!"

"So, ist das ausgemacht?"

Ja, es müßt grad jemand dabei sein, der ihr ein Helf Gott! zuruft, meint der Schwarze -das brächt ihn um seine Beute, das wohl. Aber wo sie doch allein ist!

Der Bursch macht sein gleichgültigstes Gesicht, laßt mit keinem Schnaufer spüren, was er in seinem Inwendigen denkt. Eigentlich ist's eine Gemeinheit, so was! Akkrat aus der Höllen muß er da herauf kraxeln, um uns die saubersten Dirndln wegzufangen. Und all die Weiber"eut, die er drunt hat: die könnten ihm gelangen, sollt man meinen. Die Gitsch derbarmt mich frei: ein bißl leicht ist sie schon, gib ich zu, aber sonst eine gute Haut. Aber sagen derfst nix, denn mit'm Teufel ist schlecht Kirschen essn.

Derweil sind sie zukommen zu dem Dirndl sein Häusel und richtig ist sie allein gewesen. Der Bursch hat sich zurückgehalten, sich angestellt, als ob er grab ein bißl rasten will, eh er weiter geht. Derweil fangt der Teufel ein großes Scharwenzen und Spenzln mit dem Dirndl an, das die zwei Mannsbilder voller Freuden bewillkommt hat. Und die einfältige, arme Haut kichert und lacht zu allem, was der vermeintliche Jägersmann vorbringt und der Bursch, der im Ofenwinkel hockt, schaut sie mitleidig an. "Du wenns'd es wüßtest!" hat er sich denkt. "Du wenns'd' es wüßtest!"

Mittendrin verzieht's Dirndl ihr Gesicht! und kommt sie ein starkes Niesen an. Der Bursch sieht, wie der Teufel seine Pratzen, die er zuvor im Hosensack versteckt hat, herauszieht und nach dem armen Mensch die langen Krallen ausstreckt. Da kennt der Bursch sich vor Zorn und Erbarmen nimmer aus. - Tut er mir, der Ganggerl, was er mag! Das junge Blut laß ich nicht verderben! Und er schreit, nein brüllt, so laut er kann: "Helf Gott! Helf Gott! Helf Gott!"

Da hat's einen Rumpler getan, daß die ganze Stube gebidmet hat; und mit einem Mordsspektakel und höllischem Gestank ist der Teufel wütig beim Fenster nausgefahren. 's Madl aber, vor lauter Schrecken, ist im Unverweiß am Boden gelegen.

Der Bursch hockt sich nieder zu ihr, tut sie zu sich bringen und trösten. Da fallt sie ihm um'n Hals und rert und dankt ihm zu tausend Malen, daß er sie gerrettet hat. Und sie gelobt und ruft unfern Herrgott zum Zeugen, daß sie von Stund an in sich gehen will, kreuzbrav werden und alle Schlingen und Lockungen des Teufels meiden.

"Ja," hat der Bursch schön stad gesagt, "des söll nimm ich mir aa vor. Ganz fest."

Weil aber der Mensch einen guten Vorsatz immer leichter hält, wenn er eins hat, das wo ihn dran erinnert, so haben die zwei, die dem Teufel und seiner Kuchl so fein auskommen sind, einand später geheiratet.

Etliche wollen wissen, der Mann hätt auch im Ehstand diemal Ursach gehabt, für sich selber "Helf Gott!" zu sagen - bald nämlich sein Weiberl wieder in ihre alten Sekten verfallen ist. Im ganzen aber hat er sie ganz schön gerichtet und selber auch sein Versprechen gehalten und so haben die zwei gut miteinand gelebt bis an ihr seliges Ende.

Quelle: Tiroler Legenden, Helene Raff, Innsbruck 1924, S. 161ff