Der Letzte

Es waren einmal im Zillertal vier Bauern, die waren auf Geld und Gut rein versessen und konnten sich nienderst genug sehen. Da wurden sie einig, daß sie den Teufel beschwören wollten, damit er ihnen einen Schah bescherte; und einer von ihnen hatte aus dem Gertraudenbüchel einen Spruch gelernt, um den Guggau herzurufen. Den sagte er auf in dem Stall, in den sich die Vier versteckt hatten, um ihre Beschwörung vorzunehmen; und richtig erschien der Teufel und schleppte einen großmächtigen Sack mit Geld hinter sich. Die Bauern meinten, sie hätten gewonnen, aber nun zeigte sich, daß keiner von ihnen einen Spruch wußte, der vermocht hatte, dem Teufel das Geld abzunehmen und ihn fortzuschicken. Da Hub der Teufel zu lachen an und sagte: wenn sie binnen einer Stunde Frist nicht den Spruch wüßten, der ihn zum Weichen brächte, so wären sie ihm alle Vier verfallen. Die Bauern schwitzten hellen Angstschweiß; der Beherzteste von ihnen lief ins Widum hinüber und holte den Geistlichen, einen ebenso tapferen als frommen Mann; der begann mit dem Teufel zu verhandeln. Anfänglich bezeigte der Hörndlete, gemächlich auf seinem Geldsack sitzend, sich widerhaarig; endlich aber ließ er sich soweit herunterhandeln, daß er sich mit nur einem der Anwesenden als Beute genügen wollte: mit dem letzten, der den Stall verließe. Da hieß der Geistliche die Bauern nacheinander hinausgehen; er selbst, hinter ihnen, schritt rückwärts hinaus und hielt die Bursa mit dem Allerheiligsten empor, dem Teufel entgegen. "Da schau! das ist der Letzte. Den pack an, wenn du kannst!" Worauf der Teufel natürlich mit Stank und Geheul entwich. Seinen Sack aber ließ er nicht hinten, sondern warf ihn voll Gift und Zorn auf dem Weg zur Hölle in einen tiefen Sumpf.

Quelle: Tiroler Legenden, Helene Raff, Innsbruck 1924, S. 157ff