Wie Christli Kuhhaut mit einem Riesen raufte

Zur Zeit, als Christli Kuhhaut lebte, wohnte ob dem Paznauntale noch ein Riese vom alten Geschlecht, der alle Welt bekämpfte und niederwarf. Kein Mensch vermochte ihm zu widerstehen, und obschon er die von ihm Gefällten nicht tötete und nicht auffraß, so mußten sie sich doch von seiner Hand mit Gaben lösen, je nachdem sie zu geben vermochten. So wurde der Riese der Schreck des ganzen Tales.

Da machte sich endlich Christli Kuhhaut auf, den Kampf mit jenem zu bestehen, und fuhr auf einem Wagen nach dem Platze, wo der Riese weilte. Dieser ließ sich lange nicht blicken, und Christli strich sich mittlerweile ein gewaltiges Butterbrot, das er, auf seinem Wagen sitzend, gemütlich verzehrte. Er hatte geglaubt, mit dem Riesen einen Faustkampf zu bestehen und sich im geringsten nicht mit einer Waffe oder Wehr versehen; da trat auf einmal der Riese aus dem Walde, angetan wie Heimo mit Rüstung, Schwert und Speer. Flugs sprang Christli vom Wagen, brach mit einem Knacks dessen Deichsel ab und ging dem Riesen entgegen. Ein Deichselschlag zertrümmerte dessen gegen Christli vorgestreckten Speer, ein zweiter schlug dem Riesen das Schwert entzwei und aus der Hand, und ein dritter traf ihn auf den Schädel, daß er hinstürzte wie Goliath und auch gleich hin war. So befreite Christli Kuhhaut, der Starke, sein Heimatland.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 211.