DIE BUTTERERHOF-HEXE

Eine der vorigen ähnliche Sage erzählen sich noch heute die Höttinger. Auf dem Buttererhof diente eine Dirne, die auch eine Liebschaft mit einem Buben (erwachsener Bursche) hatte, der fleißig zu ihr ans Fenster oder in den Heimgartenkam, und nur am Donnerstage ein für allemal nicht kommen durfte. Da ihn das wunderte, so versteckte er sich im Ofenloch und lauerte, denn er vermuthete einen an diesem Tage begünstigten Rivalen. Nachts eilf Uhr erst kam sein Dirndel in die Küche, machte Licht, langte vom Kaminsims (d.h. vom Rauchmantelgesimse überm Herd einen Salbentopf, bestich sich damit und den Besen, den sie zur Hand nahm, und sagte das Sprüchlein:


"Überall aus und nirgends an"


und fuhr plötzlich durch den Schornstein auf und davon. Holla dachte der Bub, das kann ich auch, ich fahr nach, bestrich sich mit der Salbe, sprach das Sprüchlein, aber nicht richtig:


Überall aus und nirgends an,


fuhr auf dem Besen von dannen, und stieß sich mit dem Kopfe und den Schultern an alle Ecken des Schornsteines. Auf dem First des Schornsteines stand ein großer Bock, der nahm ihn mit den Hörnern auf, warf ihn auf seinen Rücken, und nun sauste der Bockreiter jählings durch die Lüfte, hoch, hoch, und stets höher hinauf zur "hohen Warte" am Solstein. Dort wurde der Hexensabbath gefeiert, und aus der Schaar der droben Versammelten trat seine Dirne auf ihn zu, und führte ihn in den tollen wirbelnden Tanzreigen. Nach dem Tanze kam die uralte Hexenmutter, ein scheußliches, lebendes Gerippe, und wollte den Burschen in die Sippschaft aufnehmen, wobei sie ihm aus einem räucherischen Buche die Bedingnisse vorlas, die schrecklich waren. Dem Herrn Christus, ja der gesammten heiligen Dreifaltigkeit sollte er sich abschwören - da schlug er der Alten das Teufelsbuch aus der Hand, und es verschwand alles unter Blitzen und Krachen und mit gräulichem Gestank, und der Bub stand mutterseelenallein auf der hohen Warte und hatte einen vollen Tag zu kraxeln, ehe er wieder herunter nach Hötting kam. Auf den Butterhof ging er aber gar nimmer in den Heimgarten, wenn er auch nicht sein sauberes Schatzerl, die Teufelsbuhldirne, durch Anklage dem Scheiterhaufen überlieferte. Sie wird doch wohl ihren richtigen Lohn gefunden haben.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 124, Seite 123