Die Kröte

Eines Abends ging eine Dirn vom Dörflern Bach (Oberbach) im Lechtale nach Hause und sah am Wege eine gewaltig dicke Kröte sitzen und sprach: "Geh aus dem Wege! Ich will dich dafür gerne pflegen, wenn du einmal ins Kindbett kommst", und sie lachte dazu. Nach drei Wochen kam ein Mann zur Dirn und sagte, sie solle mit ihm gehen, indem er sie zugleich an das der Kröte gegebene Versprechen mahnte. Die Dirn folgte dem Manne in den Wald zu einer einsamen Hütte und fand wirklich eine Wöchnerin im Bette liegen, diese pflegte sie fleißig und eifrig als Wärterin, und als die Zeit um war, ging sie nach Hause. Beim Abschied aber hatte ihr der Mann einen Sack voll Kohlen mit der Bemerkung gegeben, ihn beileibe nicht zu öffnen vor der Heimkunft. Die Dirn aber meinte, die ganze Welt würde sie auslachen, wenn sie als Lohn nichts als einen Sack voll Kohlen heimtrüge, öffnete deshalb den Sack am Wege, sobald sie aus dem Walde gekommen war, und schüttete die Kohlen aus. Zu Hause sah sie zu ihrem Erstaunen am Zipfel des Sackes Goldstücke hangen, es waren Teilchen von den Kohlen, die im Sacke zurückgeblieben waren und sich in Gold verwandelt hatten. Eiligst rannte die Dirn zum Walde zurück, aber sie fand gar nicht mehr den Weg, den sie von dem Manne geführt worden und den sie zurückgegangen war, und all ihr Suchen nach den leichtsinnig verschütteten Kohlen war vergebens.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 159