Die große Domglocke zu Bozen

Die größte Glocke der Hauptpfarrkirche Bozens, der schönsten Kirche in Tirol, hat einen wunderbar schönen Klang, und die Sage geht, es sei der Glockenspeise zu ihrem Guß ein reichlicher Teil edlen Metalles hinzugefügt. Es wohnte bei Bozen ein sehr reicher Ritter, Hugo von Kuebach; der besaß große Mengen ungeprägten Goldes und Silbers. Um diese Schätze zu verbergen und zu sichern, ließ er heimlich metallene Hohlkugeln gießen und in deren Höhlungen edles Metall, worauf er diese Kugeln neben sein Geschütz im Burgzwinger hinterlegte. Darauf geschah es, daß Hugo von Kuebach in den Krieg zog, und während dieser Zeit erbaute Hans Lutz aus Schussenried den Turm an die ein Jahrhundert früher begonnene Kirche, und man sammelte Gaben, am liebsten Erz, Kupfer und Messing, zum Guß einer großen Glocke.

Da gedachte die Frau von Kuebach ihr metallenes Hausgerät zu sparen und war der Ansicht, daß man im Notfall statt mit Messingkugeln auch mit eisernen schießen könne, und steuerte reichlich zur Glockenspeise von den Kugeln, in denen ihres Mannes Gold und Silber stak, bei. So kam das edle Metall in die Pfarrglocke, die davon ihren schönen Klang und hohen Wert erhielt.

Ob es auch einen schönen Klang gab, als Ritter Hugo heimkehrte und sein Gut so merklich verringert fand, davon weiß die Sage nichts zu melden. Das alte Schloß trägt jetzt den Namen Kühebach.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 295.