Fack mit Knoschpen

In der Gegend um Landeck lebt die Sage noch bis in die neueste Zeit fort, daß auf der Alpe Flath sich eine merkwürdige Almsudl blicken lasse. Zur genannten Alpe führt der Weg von Pians links empor, erst über Wiesen, dann durch Wald, innerhalb zweier Stunden. Es war im Jahre 1850, daß ein altes Bettelmännle hinaufstieg und, als es noch etwa einen Büchsenschuß von der Hütte entfernt war, unter einem großen Baum sieben Schweine sich herumtreiben sah, von denen eines ein ganz besonderes Gegrunze hören ließ. Der Bettler ging näher und gewahrte mit großem Erstaunen und geheimem Grauen, daß diejenige Fack (Schwein), welche so grunzte und schrie, Knoschpen (Holzschuhe) an den Füßen trug, wie die Älpler und Stalleute gewöhnlich zu tragen pflegen. Der Bettler zog sich von der Nähe der Schweine etwas furchtsam zurück, trat in die Kaserhütte ein und fragte so nebenbei die Sennerin: "Wieviel Facken habt ihr hier oben?"

Die Sennerin antwortete: "Sechs."

"Ei", antwortete das Bettelmännlein, "ich habe doch sieben gezählt, und es war eine große Fack dabei, die hatte gar Knoschpen an den Füßen und grunzte überlaut."

Die Sennerin rief den Hirten und eilte mit demselben zu dem Baume, unter dem die Schweine ihren Stand hatten, aber siehe, da lagen alle ganz ruhig da, keine grunzte, aber es waren nur sechs. Wie beide zur Hütte zurückkamen, des Vorsatzes, den Bettler tüchtig auszuschelten, daß er sie genarrt, fanden sie diesen wehklagend und mit dick aufgeschwollenem Kopfe, und er sagte, es sei eine Sennerin stillschweigend hereingetreten, die habe just solche Knoschpen an den Füßen gehabt, wie er an der Fack gesehen, und habe ihn angeblasen. Das Bettelmännchen blieb unwohl und fühlte sich todkrank. Der Hirte führte es herunter in das nächste Dorf zum Geistlichen, der es benedizierte, aber schon nach zwei Tagen lag es tot auf dem Rechtbrett. Hirte und Sennerin auf der Alpe Flath wußten gar wohl, was es mit der Fack mit Knoschpen für eine Bewandtnis habe. Es hatte früher eine Sennerin auf der Alpe gelebt, die sich an den Schweinen versündigt hatte und die nun dazu verdammt war, als eine Almsudl, selbst als eine Fack mit Schweinen zu leben und mit ihren Knoschpen droben herumzuhoppern. Ihr Aufenthalt war eine nahe Kluft, aus der sie unversehens hervorkam, sich zu den Schweinen gesellte, heftig grunzte und dann sich wieder hinein verlief.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 197.