Der fliegende Drache im See

Eine Viertelstunde nördlich von Breitenwang liegt ein Weiler von zwölf Häusern, des Namens Mühl, und neben diesem ein kleiner See. In diesem See wohnt ein Drache; dieser fliegt bei nächtlicher Weile feurig aus dem See heraus und nach einem anderen am linken Lechufer und dann wieder zurück.

Vorzeiten stand an der Stelle des ersten Sees eine Schmiede, die gute Nahrung hatte. Leider aber war die Frau des Schmiedes eine Schlampe und so gottvergessen, daß sie, als ihr Söhnchen einmal in den Straßenkot gefallen war, statt eines weichen Tuches oder Schwammes frischgebackene Brotkrumen nahm und es mit diesen abtrocknete und reinigte. Dadurch erzürnte die Schmiedsfrau den Himmel so sehr, daß die Strafe der Versinkung über ihr Haus verhängt wurde. Dies geschah; an die Stelle der Schmiede trat der See, und die Frau wurde in einen Drachen verwandelt, der nun als Feuerdrache im Wasser Pein leiden muß.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 150