Gemeindealm-Putz bei Breitenbach

Über Breitenbach liegt eine Gemeindealm des Ortes, auf welcher jeder Nachbar seine bestimmte Anzahl Vieh den Sommer über weiden läßt. Ein armes Bäuerlein, weil es kein Geld hatte, versprach dem Sennen die Hälfte des Ertrages von jedem Stück seines Viehs, welches aus irgendeiner Ursache geschlachtet werden müßte, machte aber demselben die sorglichste Überwachung seines Viehs zur strengsten Pflicht. Diese gelobte der Senn auch an, dachte aber in seinem Sinn, daß der Bauer das Pulver nicht erfunden habe, sonst hätte er einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen. Im Sommer ereigneten sich nun auch einige Fälle, wo durch Absturz oder Verwundung ein Stück Vieh geschlachtet werden mußte, und das freute den Senn in seine Seele und nächstdem in seine Tasche hinein, nur kamen ihm diese Fälle, die für ihn Glücksfälle waren, zu selten, daher unterstützte er das Glück, jagte bald dieses, bald jenes Haupt der Herde in einen Abgrund und ließ dann dem Bäuerlein durch den Kuhbuben melden, das Vieh sei abgestürzt. Das trieb er mehr als einen Sommer so fort, auf einmal aber stürzte er selbst ab und brach den Hals, und alsbald mußte er als Putz auf der Breitenbacher Gemeindealm spuken. Er mußte vorerst geistweise auf allen Klippen und Schürfen, über die er Vieh gejagt, Blut und Fleisch abfegen, das ihn wie glühende Lava brannte, hernach schwere Felsenblöcke hinaufwälzen, die immer wieder abrollten und immer wieder emporgewälzt werden mußten. Oft hat man ihn gräßlich jammern hören, und dann mußte er nicht minder gräßlich lachen, wie er einst gelacht, wenn das arme Vieh über die Felsen kugelte und sich zu Tode fiel.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 36