Goldkäferfund im Amtwald

Am rechten Ufer des Inn bei der Salinenstadt Hall schmückt ein herrlicher Föhrenwald die Höhen des Mittelgebirges; derselbe gehört zum k. u. k. Salinenamte und heißt deshalb Amtwald.

In diesem Walde nun sammelte einst ein armes altes Weiblein Moos und Tannennadeln zur Streu für seine Lämmlein und raufte auch wohl mit den Händen das Moos vom Boden los. Da gewahrte das Weiblein mit einem Male einen Topf, der war nicht klein und bis zum Rande mit sehr schönen, aber toten Goldkäfern gefüllt. Der Topf war noch ganz gut, und das Weiblein grub ihn aus, und derselbige dünkte ihr ein werter Fund für das Haus, denn große Töpfe sind teuer, und der Topf ließ sich auch ganz gut aus der lockern Walderde heben. Gott, was soll ich mit all den Käfern tun? dachte das Weiblein. Wenn es noch Krebse wären, die trüg' ich nach Sbruck (Innsbruck), aber Käfer ißt niemand. Nun, ein paar will ich zum Spaß für die Kinder im Topf lassen, die grünen Flügel glänzen gar so schön! Gedacht, getan; die Käfer wurden ausgeschüttet, der Topf in Moos gebettet, und nun ging es mit schwerem Mooskorbe heim nach Hall. Zu Hause wurde die Mutter gleich von den Kindern umringt, der Topf wurde ausgepackt - da klingelte etwas darin. - "Ach! Ach!" schrien die Kinder. "Ach, die schönen Zehner!" - Alle Goldkäfer waren in blanke Silberstücke verwandelt. Herr Gott! wie rannte das Weiblein auf und davon zum Hause hinaus, durch Hall, über die Innbrücke, hinauf in den Amtwald, dort vor dem Platz, wo sie den Topf gefunden und die Käfer ausgeschüttet, sie kannte ihn an der zerwühlten Moosdecke - aber Käfer gab es nicht mehr, wie sie auch suchte, nur Waldspinnen und Holzläuse.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 108