Der Pfarrer und der Mesner

Nahe beim Tristachsee am Gelitzenbach zwischen Spitz und der steilen Felswand des Rauhkogels zeigen sich meist an Festabenden zwei Feuerballen, welche nebeneinander langsam die Waldhöhe hinan zum ernsten melancholischen See wandeln, droben beginnen sie dann einen Kampf, fahren gegeneinander, platzen auseinander und sprühen helle Funken.

Einst wurde - es mag wohl schon 200 Jahre her sein - der Pfarrer von Tristach nachts zu einem Kranken gerufen, ihm das Sakrament zu reichen; der Mesner weckte zunächst den Pfarrer, dem gefiel es aber im weichen Bette besser als draußen auf dem wilden Waldwege, und der Mesner setzte sich auf einen Stuhl und schlief auch wieder ein - wenn auch nicht im Herrn -, bis ein zweiter Bote kam. Jetzt endlich raffte sich der Pfarrer auf und trat mit dem Mesner den Weg an, obwohl sehr ungern. Schon war es nach Mitternacht. Der Kranke war indes ohne tröstliche Wegzehrung gestorben, und plötzlich stand vor beiden sein erzürnter Geist und fragte, warum er nicht versehen worden. Da schob der Pfarrer die Schuld auf den Mesner und der Mesner auf den Pfarrer. Der Geist aber brach alsbald dem Pfarrer das Genick und dann auch dem Mesner, und sie müssen nun als Feuerputze spuken und miteinander hadern und aufeinander platzen, bis sie nach Mitternacht beide versinken.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 341.