Die Pfarrköchin

Es lebte einmal ein armer Landpfarrer in einer Gemeinde des Zillertales, der am liebsten gestöckelte Milch aß, welche er aber bei seinen Bauern selten bekommen konnte. Desto willkommener war ihm die Rede der Köchin, die ihm eines Nachmittags erzählte, daß sie nun ein Bäuerlein gefunden habe, bei dem sie zu jeder Stunde seine Lieblingsspeise haben könne. Und wirklich war es so, der geistliche Herr durfte nur wünschen, so stellte ihm die Köchin nach einer Viertelstunde die gestöckelte Milch auf den Tisch.

Nach mehreren Wochen fiel es dem Pfarrer denn doch auf, daß die Köchin in so kurzer Zeit ihn bediene, und er wollte sich selbst überzeugen, wie das zugehe. Er begehrte daher an einem heißen Nachmittag solche Milch und schlich ihr heimlich nach und fand, daß sie, statt zum Bäuerlein zu gehen, nur einen kleinen Umweg machte und durch die Hintertür zurück in die Küche ging, welche sie sodann inwendig mit einem Riegel absperrte. Aber sie hatte vergessen, das Schlüsselloch zu verstopfen, und durch selbiges konnte der Beobachter hineinsehen, und er sah - Schrecken über Schrecken! -, daß sich die Köchin das Strumpfband löste, es an den Dreifuß anknüpfte, einige unverständliche Worte dazu murmelte - und die schönste Milch aus dem Strumpfband in die Schüssel molk. Er hatte genug gesehen und im voraus auch genug gegessen, es grauste ihm über und über.

Der Pfarrer ging auf sein Zimmer, und die Köchin kam auch bald mit der Milch daher, erschrak aber nicht wenig, als der Pfarrer sie fragte, von wem sie das Melken am Strumpfbande gelernt habe. Sie wollte anfangs leugnen, allein es lag alles zu klar am Tage, so daß sie endlich zitternd und bebend eingestand, sie habe sich dem Teufel ergeben und von demselben diesen Zauber und noch andere Kunststücke erlernt, und daß sie die Formel, den Teufel zu rufen, von der Bäuerin W. zu F. erlernt habe, welche als Hexe wohlbekannt gewesen, und wie sie nach und nach mit dem Teufel sich vergangen und des Teufels geworden.

Die Sage erzählt weiter, daß der Pfarrer alsbald, noch dieselbe Stunde, in einen finstern Wald ging, wo ein verrufener Teufelsgraben war, und den Fürsten der Finsternis beschwor, der auch sogleich mit einem großen Buche erschien und den Geweihten um sein Begehren fragte, weil er ihm sonst nichts anhaben konnte. Der Pfarrer sagte, er wolle im Buch nachsehen, wer da eingeschrieben sei, und ein wenig die Künste und Wissenschaften nachlesen; allein dazu willigte der Teufel nur unter der Bedingung ein: daß der Priester mit eigenem Blute vorerst sich ins Buch hineinschreibe. Das will ich gerne tun, sprach der Pfarrer, machte sich einen Ritz in die Haut und schrieb ins Buch nicht seinen Namen, sondern den süßen Namen Jesus, und als das geschehen war, reichte er dem Teufel das Buch, aber der schrie und zappelte und konnte das Buch nicht anrühren und stürmte stampfend und heulend durch den Teufelsgraben, daß hin und her die Felstrümmer herabkugelten.

Wie nun der Pfarrer in dem Buche herumblätterte, fand er in demselben nicht nur seiner Köchin Namen, sondern auch die von vielen anderen bekannten Personen. In den Widdum zurückgekehrt, suchte er seine Köchin auf, allein diese fand sich hinterm Hause an einem Baume erhängt; und noch an demselben Abend erfuhr er, daß der Teufel zwei Weibern, die in der Nähe auf den umliegenden, zerstreuten Höfen wohnten und auch Zauber trieben, die Hälse umgedreht und mit sich durch die Luft davongetragen habe. So hat sich der betrogene Teufel an den Seinen gerächt, und es ist also auch mit dem Teufel nicht gut Kirschen essen!

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 66