Das Rahmlötterle

Im Defereggen- und im Kaiser Tal strich ein alter buckliger Bettler auf und ab, den man nur das Rahmlötterle, soviel als Rahmmandl, nannte, weil vorzüglich Rahm seine Lieblingsspeise war, wodurch es zum wenigsten guten Geschmack an den Tag legte. Es war aber gar ein seltsamer Geselle, er bettelte zwar um den Rahm, wenn man ihm aber keinen gab, so nahm er welchen, und wenn man vor ihm die Türe zusperrte, so ging er mitten hindurch trotz Schloß und Riegel und fuhr noch obendrein mit seiner gewaltigen Hand in die Rahmschüsseln und Rahmtöpfe. Kam jemand dazu und jagte das Rahmlötterle fort, so ging es ganz still von dannen, drückte die Ohren auf und sagte kein Wort. Man weiß nicht mehr recht, ob selbiges Lotterle eine Art Taugenichts war, oder was es sonst eigentlich für eine Bewandtnis mit ihm hatte.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 351.