Schatz auf dem Dos-Trento

Der Dos-Trento, ein merkwürdiger Hügel aus einem Felsenstück, wie ein Brotlaib geformt, scheint aus der Talebene bei Trient aus dem Boden gewachsen zu sein. Darauf stand einst eine Burg der Etrusker, später ein Kastell mit Römerbesatzung, noch später ein erneuertes Schloß der Goten, welches endlich die Zeit in einen Schutthaufen verwandelte. Nach Jahrhunderten bauten sich die Bischöfe von Trient ein Sommerhaus hinauf, und nun ist es ein Schatzhügel von den merkwürdigsten Altertümern aller Zeiten. Im vorigen Jahrhundert hieß man den Dos-Trento den "Franzosenbühel", weil diese Kuppe stets ein fester und wichtiger, strategischer Punkt war. Jetzt meint man, daß droben viel Geld und Geldeswert verborgen sei.

Dos Trento © Berit Mrugalska
Der Dos Trento mit dem charakteristischen Rundtempel (Monopteros)
© Berit Mrugalska, Mai 2007

Unter diesem Hügel liegt das einsame Dörflein Piè di Castello, und in diesem kleinen Dörflein lebte eine arme Dirne, welche ihrer Mutter Kühepaar täglich auf den Schloßberg trieb und bis spät in die Nacht dort verblieb. Einmal übermannte der Schlaf die Hüterin dermaßen, daß sie auf dem Dos-Trento fest einschlief und, als sie am Morgen aufwachte, einen Haufen Kohlen neben sich liegen sah, die sie früher gar nicht beachtet hatte; sie war froh, ihrer Mutter einige derselben in der Schürze heimtragen zu können. Als die brave Tochter heimkam, schüttete sie die Kohlen hinter den Herd und sagte zur Mutter, sie solle Platz machen für die ändern Kohlen, welche sie noch bringen werde, und ging hinauf auf den Hügel, dieselben zu holen. Aber die Kohlen waren alle verschwunden, nicht einmal Kohlenstaub ließ sich finden, und noch mehr staunen mußte sie, als sie sah, wie ihre Mutter nachgelaufen kam, hastig um den Ort fragte, wo die Kohlen lagen, weil, weil - weil, sagte die Alte, jene Schürze voll Kohlen sich zu einem ansehnlichen Häufchen glänzender Silberlinge verwandelt hätten.

Der Schatz war verschwunden, und vergebens bemühen sich jetzt noch manche Leute, ihn zu finden, oder doch wenigstens ihn blühen zu sehen.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 399.