Truden in Paznaun

Auch die Trudensage lebt im Paznauntale in ganz ähnlicher Weise wie anderwärts in Tälern Tirols. Die Trud überfällt die im Halbschlummer Ruhenden so rasch, daß ihnen keine Zeit bleibt, sich auf die rechte Seite zu wenden, denn vermögen sie das, so hat die Trud keine Macht mehr über sie. Auch nützt es, ihr beim Eintritt eiligst den Kopfpolster entgegenzuwerfen, dann muß sie auf demselben in der Mitte des Zimmers während der Nacht sitzen bleiben und bei Morgengrauen gehen, ohne jenen, auf den sie es abgesehen hatte, zu beunruhigen, noch viel weniger zu drücken. Noch ein Mittel gibt es, dem unter dem schrecklichen Druck der Trud aufs höchste beängstigt Leidenden Hilfe zu schaffen. Man muß ihn bei seinem Taufnamen rufen, dann muß vor dem heiligen Laut die Teufelstrud flugs entweichen.

Gewisse Konstellationen bestimmen manche Menschen Truden zu werden, selbst gegen ihren Willen. Sie müssen dann drücken, sei's Mensch, sei's Tier oder sei's selbst ein Baum im Walde. Gewinnen sie so viele Macht über ein lebendes Wesen, es totzudrücken, so endet ihr Trudentum, sie sind dann befreit von der Qual, andere zu quälen. Ein Bauer, der unter dem Trudendruck heftig und allnächtlich litt, klagte einem Bekannten sein Unglück. Dieser riet ihm, er möge, um befreit zu bleiben, nur ein Laubmesser auf seine Brust legen, die Schärfe gegen diese, so könne die Trud nicht ankommen. Der Bauer aber dachte: Druckt die Trud, so druckt sie mir das Messer in die Brust, er legte also das Messer mit der Schärfe und dem Haken nach oben. In der Nacht fiel es auf ihn wie ein Nußsack, fiel aber auch alsbald mit einem starken Schnaufen von ihm ab und neben ihm ins Bett. Dem Bauer grauste, er stieg auf und schlug Licht. Da lag sein guter Ratgeber tot im Bette, das Laubmesser tief in die eigene Brust gedrückt. Es war eine männliche Trud, sie hatte den Bauer durch das Messer töten wollen, um sich selbst zu befreien, denn durch den bloßen Druck können Truden selten töten. Nun war er hin.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 204.