Vom Kirchenbau zu Landeck Version II.

Als vor vielen Jahrhunderten das Tiroler Land noch gar wenig bebaut war, wegen großer Wildnisse und viel wilder Tiere, standen da, wo heute Landeck steht, erst zwei Häuser. Eines Sommertages gingen die beiden Besitzer, Bauern, mit ihren Leuten auf das Feld, und es blieben nur die beiden Bäuerinnen und deren Kindsmägde zurück. Die Weiber kochten für ihre Männer und die Arbeitenden auf dem Felde das Mittagessen, geboten den Kindsmägden fein zu Hause zu bleiben und trugen die Speisen auf das Feld. Beide Kindsmägde aber wandelte die Lust an, ein wenig spazierenzugehen, jedoch die anvertrauten Kinder mitzunehmen, weil das Wetter gar so schön war. Sie lustwandelten beide eine Strecke, da sprach plötzlich die eine zur ändern: "Du, laß uns umkehren! Mich überfällt eine schreckliche Angst, als müsse sich ein Unglück zutragen."

Thronende Madonna mit Kind©Berit Mrugalska
Thronende Madonna mit Kind
Beide bekrönt, Maria einen Apfel haltend, das Jesuskind mit
Segensgestus und Buch auf linken Knie sitzend
auffallende Beinhaltung vom Jesuskind: Beine sind überkreuzt
DEHIO-Tirol datiert ins 14. Jh (vermutl.)
eventuell älteres Vorbild?
© Berit Mrugalska, 13. September 2004

Die Begleiterin suchte aber jener die Furcht auszureden, und sprach: "Laß uns ein frommes Lied singen, das vertreibt die ängstlichen Gedanken."

Westportal der Pfarrkirche Landeck©Berit Mrugalska
Westportal der Pfarrkirche Unsere Liebe Frau Mariae Himmelfahrt, Landeck
Maria mit Kind umgeben von musizierenden Engeln, 1506 gen.
Stifter Anton Ivan und Apolonia Winden
(Vgl. DEHIO-Tirol, 1980, S. 456)
© Berit Mrugalska, 13. September 2004

Die Mägde sangen, da scholl im ganz nahen Walde ein überlautes Gebrüll. Die Ängstliche erbebte aufs neue, allein die Beherzte sagte: "Laß es brüllen, es dürfte etwa der Teufel sein, welcher sich am christlichen Gesänge ärgert. Der kann uns nichts tun." Sie sangen mutig weiter, aber da brüllte es noch einmal noch näher und noch einmal ganz nahe, und aus dem Walde stürzten ein Bär und ein Wolf auf die entsetzten Dirnen zu und entrissen ihnen die Kinder. Heulend und schreiend eilten nun die zwei Mägde auf das Feld, von wo nun nicht minder ein Zetergeschrei der Mütter zum Himmel aufstieg, während die Männer mit Heugabeln und was sie zur Hand hatten, in den Wald stürzten, aber nicht die mindeste Spur von Bär und Wolf fanden. Die Weiber eilten den Männern nach, und groß war der Jammer. Da hörten die Bekümmerten eine Stimme rufen, sahen aber niemanden. Noch einmal rief es und kam von einer Höhe, und siehe, wie die Leute aufschauten, hing an einem Baum ein Muttergottesbild, das den Leuten zurief: "Wollt ihr mir hierher eine Kapelle zu bauen geloben, so will ich des Bären Wut stillen und dem Wolf den Rachen sperren." Das gelobten jene schnell, und alsbald fanden sich die beiden Kinder unverletzt im Walde wieder. Darauf wurde die Kapelle erbaut, und in derselben das rettende Muttergottesbild zur Verehrung aufgestellt. Das ist der Ursprung der ersten Kirche zu Landeck, die später vergrößert wurde.

Pfarrkirche Landeck©Berit Mrugalska
Pfarrkirche Landeck
erste Nennung 1270, Ursprungsbau geht auf 1471 zurück
Chor wurde 1521 geweiht, Regotisierung bis 1882

(Vgl. DEHIO-Tirol, 1980, S. 456)
© Berit Mrugalska, 13. September 2004

 

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 185.