Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg,
[Johann Nepomuk Mahl-Schedl
]

DEUTSCHE ALPENSAGEN

Wien 1861

Vorwort

Als der Autor dieses Buches seine "Mythen und Sagen Tirols, gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg - Mit einem einleitenden Vorwort von Ludwig Bechstein - Zürich, Verlag von Meyer und Zeller 1857" erscheinen ließ, ahnte er noch nicht ganz den Reichtum einer stets nachquellenden Sagenfülle aus seinen heimatlichen Tälern und Bergen, die ihm allerorten entgegenströmte - und einmal innig eingelebt in die Zauberkreise der heimischen Sagenwelt, zog es ihn unwiderstehlich dazu hin, weiter zu sammeln. Frucht dieser Mühe ist die vorliegende neue Sammlung; möge sie mit der gleichen Liebe aufgenommen werden, die der ersten zuteil ward! Möge auch sie deutsche Mythographen als Wegweiser zu manch ungeahnten Fundorten, zu neuen Entdeckungen leiten! Infolge dieses Wunsches wurde ihr mit Bedacht und Absicht eine andere Form, wie die nach mythischen Gebieten, eben die wegweisende, landdurchwandernde gegeben, dabei jedoch die vollste Rücksicht auf Volkstümlichkeit genommen, wobei die Einfachheit der Volksüberlieferung beibehalten blieb.

Indem auf solche Weise nach wohlerwogenem Plane Tal auf Tal und Höhenzug um Höhenzug durch- und überwandert wird und die Sagen in ununterbrochener Reihe aufeinander folgen, ergeben sich doch mehrere große und bedeutende, zum Teil in sich abgeschlossene Gruppen, die sich dem Auge des Lesers auf der Landkarte so darstellen:

a) Salzburger Grenzland gegen Tirol zu; dann Strubtal, Großachental, Pinzgau und Kaisergebirge

b) Unterinntal mit seinen Seitentälern, Alpbachtal, Zillertal, Achental, Wattental, bis zur Landeshauptstadt Innsbruck und deren Umgegend

c) Oberinntal, zunächst mit einer Abzweigung des Zuges nach Lermoos, Ehrenberg und Reutte nebst Umgegend bis zur bayerischen Grenze; Lechtal nebst Hochtennen. Übergang nach Imst, Silz, Ötztal. Nun Stanzer Tal, Paznauner Tal, Vorarlberg. In bezug auf letzteres wurde nicht ausführlich alles vorhandene Material aufgenommen, um das verdienstliche Sagenwerk von Vonbun über dieses Gebiet nicht zu beeinträchtigen

d) Eigentliches Oberinntal von Landeck und Umgegend aus über Nauders, mit Abschweif in das anstoßende Grenztal des Engadin. Daran schließen sich Vintschgau, das Etschtal und mit Berücksichtigung der Seitentäler, z. B. des Passeiertales, die Talstrecke bis Meran und Bozen

e) Die nachfolgenden Sagen bilden eine abgesonderte Wanderung, nämlich die von Innsbruck aus durch das Wipptal mit seinen Seitentälern, das Pustertal und über Kaltem wieder in das Etschtal herab nach Wälschtirol

So schließt sich ein bedeutender Kreis größtenteils noch niemals im Druck veröffentlichter und ganz selbständig bearbeiteter Gebirgssagen ab, der den Kundigen erfreuen und den großen deutschen Sagenschatz wesentlich bereichern wird. Auch dieses Buch gehört, wie alles, was ich sinne, tue und denke, dem teuern Vaterlande.

Büchsenhausen, im Wonnemonat 1860

Alpenburg


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861