Die Weizenkörner

Ein Bauer von Wildschönau machte sich auf den Weg, um draußen im Inntal am Sankt-Margareten-Markt eine Kuh zu kaufen, und wie er stille dahinzog, erblickte er ein Häuflein schönen Weizens mitten auf der Straße liegen. Die gute Gottesgabe reute ihn, die von den Wägen zerfahren oder von dem Marktvieh und den Leuten zertreten werden mußte, daher füllte er mit so viel Weizenkörnern seine Taschen, als er unterbringen konnte, und als er bei dem Marktplatz ankam, da wurden die Weizenkörner schwer und schwerer und endlich so schwer, als ob er Blei drinnen hätte. Er griff daher hinein und fand, daß sich jedes Weizenkorn in eine Silbermünze verwandelt hatte. Mit dieser freudigen Überraschung vergaß er den ganzen Kuhhandel und lief, was er laufen konnte, zurück zu dem Weizenhäuflein, um auch die andern Körner zu versorgen; allein die waren verschwunden, nicht ein einziges lag mehr an der Stelle.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 41