Wettermandln und Wetterhexen

Sehr gerne erzählen die alten Ultener von ihren Wetterhexen, Wetterglocken u. dgl., so unter andern auch folgendes:

Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein großes "Gewässer" im Tale entstand, wollten die Wetterhexen das ganze Tal ins Etschtal hinaus schwemmen samt Vieh und Leut'. Und da haben die Alpenhirten gelost und geguckt und durch das Hochjoch ein Männlein in einen Wettermantel gehüllt durchs Tal hinausschreiten gesehen. Und das Wettermännle habe mit der Hand einen Stock geschwungen, habe eigentlich damit gegen das Land hinaus gewunken, in welchem das Etschtal liegt. Aber von einem Kopf des besagten Männleins konnten alle zusammen nichts bemerken, es schien ein kopfloser Wichtl oder Nörggl zu sein. Dieses Wettermandl gab den überall verteilten Hexen, welche Wolkenbrüche niederschütteten, Anleitungen und Winke, damit sie das Ultental desto leichter "hinausschwenzen" könnten. Und es war auch alles so zauberisch angelegt, daß das teuflische Werk gelungen wäre, wenn die geweihten Glocken in der Umgebung nicht zur rechten Zeit geklungen und solches Unglück verhindert hätten. Hat es ja eine Hexe selbst bekannt und gesagt: "Die Geißschelle zu St. Moritzingen (ein uraltes Kirchenglöcklein zu St. Moritz im Ultentale), die Kuhschelle in der Pfarrkirche (Pankraz in Ulten) und die Mooskuh zu Niederlana haben das Tal errettet." Außerdem hätten die Hexen den ganzen Felsabhang, den sie schon von einem Berge losgebrochen hatten und der deshalb der Hexenbruch heißt, in das Tal geworfen. Jetzt aber halten die meisten Hirten noch im vollen Ernste den Ultener Wettermann für etwas Kopfloses und beschämen manche gescheit sein wollende Herren.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 280.