Die Wilden Männer

In dem Walde bei Barbian und Steineck hat es vor Zeiten Wilde Männer oder Riesen gegeben, welche bisweilen schrien, daß man es meilenweit hörte. Der Steinecker schrie immerfort: "Trägt! Trägt!", und der andere schrie: "Eschahi! Eschaha!", und dabei jagten die Riesen die Saligfräulein und töteten sie, wenn sie nur irgendeines habhaft werden konnten. Nun wird eine gleichlautende Mär von beiden erzählt. Ein Knecht, der den einen oder den ändern Riesen schreien hörte, schrie ihm nach: "Trägt! Trägt!" oder: "Eschahi! Eschaha! Bring meinen Toal a!" - Und da hing am ändern Morgen die Hälfte eines Saligfräuleins schauerlich gespalten am Haustürpfosten und war nicht wieder wegzubringen, bis endlich dem Knecht geraten wurde, nochmals dem Riesen nachzuschreien: "Eschahi! Eschaha! Nimm meinen Toal a!"

Dieses tat er, und da verschwand das halbe Weibel; der Knecht aber schrie niemals wieder.

Diese Sage erinnert lebhaft an eine ähnliche im thüringischen Vogtlande, nur daß dort an die Stelle des Wilden Mannes der Wilde Jäger und an die Stelle des Saligweibleins ein Holzweibel tritt.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 357.