Das Knappenlochweible

An der Straße unterhalb Musau, wo sie am Ranzen vorbeiführt, ist der Eingang eines alten, verlassenen Bergbaues, das Knappenloch, das jetzt zu einem Keller umgewandelt ist. Hier und bei der nahen Steig sah man früher häufig, besonders zu Quatemberzeiten, ein kleines, altes, buckeliges Weiblein stehen oder herum­wandeln, das unter dem Namen „Knappenlochweible“ allgemein verrufen und gefürchtet war. Es hatte eine ganz altmodische Tracht, auf dem Kopfe eine Pelzkappe und trug in der Hand meist einen Stecken. Wer nun nachts da vorüberkam, wurde gern vom Wege abgelenkt und irre geführt, und manchen folgte es weite Strecken nach, bis es dann plötzlich verschwand. Auch belästigte es die Fuhrwerke nicht selten, stellte oder schreckte die Rosse oder setzte sich hinten auf die „Lankweil". Einer Binswangerin, — deren Namen wird genannt, — die „Bschütt" ausführte, passierte das auch einmal, und darob erschrak sie so sehr, dass sie von da an nicht mehr recht war. Auch der Gaißbadere von Aschau saß es einmal auf den Wagen, und das Gefährte war nicht mehr weiter zu bringen, bis das Weib anfing, „recht zu schwören", was das Knappenlochweible vertrieb. (Musau, Tirol).

Quelle: Karl Reiser, Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus. Aus dem Munde des Volkes ges. Kempten o. J. (um 1894), Nr. 113, S. 118