Der Schatz von Falkenstein

Eine andere Sage, die ebenfalls die Burg Falkenstein und die reichen Erdschätze der Gegend zum Gegenstand hat, erzählt uns von einem eisernen Tor, bestäubt von der Flut eines Wasserfalles, das in einen unterirdischen Palast führe, aus dem wilde Bergfräulein leichtfüßig und geisterhaft aus- und einschlüpfen. Eine derselben gewann den Senner einer nahen Alpe, einen tugendreichen, schönen Jüngling, lieb. An jedem Samstage kam sie ins Freie mit glänzend weißer Schürze und schüttete sie voll Gold ihrem Liebling in die Hände. Andere Hirten belauschten einst diese „goldene" Zusammenkunft, bemerkt vom scharfen Auge des Fräuleins. Sie erschien am nächsten Samstage zwar wieder, aber bekümmert und das letzte Gold in den Schoß des Jünglings ausschüttend, indem sie sagte: „Heute komme ich das letztemal! Wir sind verraten!" Seit dieser Zeit war kein goldtragendes Fräulein und kein Eisentor in der Felswand am Falkenstein mehr zu schauen.

Quelle: Ludwig Weinold d. Ä., Vom ehemaligen Bergbau und Hüttenwesen in der Gegend von Kirchberg im Brixentale, in: Tiroler Heimatblätter, Zeitschrift für Geschichte, Natur- und Volkskunde, 9. Jahrgang, Heft 11, November 1931, S. 373 - 378.
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