Die sieben Geisterfrauen

Auf der heutigen Alm Hochegg hausten früher sieben wilde Geisterfrauen. Tagelang schwebten diese sieben Frauen über das Tal, um Ausschau zu halten, ob nicht irgendwo eine Katze zu rauben sei. Denn diese Geisterfrauen durften nur Katzenfleisch essen. Bei den Bewohnern des Tales waren sie nicht besonders gut angeschrieben. Man mutete ihnen allerhand schlechte Sachen zu. Als nun eines Jahres die Ernte schlechter ausfiel als in früheren Jahren, beschlossen zwei Hopfgartner, diese Frauen zu ermorden.

An einem Werktag marschierten nun die beiden auf Hochegg zu. Zuerst frohen Mutes und voll Übermut, gingen sie durchs Kelchsauertal. Doch wie sie näher zum Standplatz der sieben Geisterfrauen kamen, wären sie lieber umgekehrt. Eine Viertelstunde vor Hochegg begegnete ihnen ein Bettelweib. Dieses fragten die Burschen, wo die Geisterfrauen wohnen. Das Bettelweib nahm, statt eine Auskunft zu geben, eine Rute, schlug den beiden Hopfgartnern auf die Hände und wanderte weiter. Die beiden schauten sich groß an. Sie konnten nicht mehr weiter. Da spazierten die Geisterfrauen daher, bespöttelten die Burschen und sagten: "Wenn ihr euch bis zum Abend nicht rührt, könnt ihr befreit werden." Die Burschen taten, wie ihnen die Geisterfrauen sagten. Und siehe - bevor es anfing zu dunkeln, konnten die Burschen wieder ihre Füße bewegen. Sie liefen so schnell es ging nach Hopfgarten und warnten jedermann vor solchen Unternehmungen. Die Geisterfrauen konnte man seit jener Zeit nicht mehr beobachten.

Quelle: Anton Schipflinger in: Tiroler Grenzbote, 1937 Nr. 37; Die Heimat Glocke (Beilage zum Tiroler Grenzboten und zum Tiroler Volksblatt, Blatt 6, S. 6.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler, Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).