Der weiße Teufel

Sebastian Hienersbühler, ein Wirt zu Kirchberg im Brixenthal [Brixental], unterhielt drei Jahre lang in Platt am Abhange des Gaisberges ein anstößiges Verhältnis. An einem Samstage gieng [sic] er, statt den Abendrosenkranz zu beten, wieder nach Platt "fensterln". Als er nun am Berge zum Zaun kam, erblickte er den Teufel in Menschengestalt, weiß und mit funkelnden Hörnern, der mit den Worten:

"Jetzt ist's genug, endlich kann ich dich holen" über ihn herfiel.

Der Wirt rang verzweifelt mit dem weißen Teufel und that [sic] zugleich das Gelübde, wenn er obsiege und vom Untergange gerettet würde, wolle er der Mutter Gottes eine Kapelle bauen und darin sein Leben lang jeden Samstag, auf den bloßen Boden hingestreckt, den Rosenkranz beten. Auf das hin fühlte er sich merklich gestärkt, der Teufel stand von ihm ab und verschwand. Alsbald ließ denn auch der reumüthige [reumütige] Wirt im Jahre 1700 auf dem Kirchanger eine Kapelle bauen, die 1768 erneuert wurde. Zur Erinnerung an diesen Vorfall wurde der Teufel in weißer Gestalt mit goldenen Hörnern abgebildet und zur linken Seite des Altars angebracht, wo er noch heute zu sehen ist. (Kirchberg.)

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 68, S. 104