Der verschüttete Stollen

In Hopfgarten (Defereggen) sind vor alter Zeit viele Bergwerke gewesen, und Gold und Silber ist zentnerweis aus den Bergen gegraben worden. Die Knappen sind bald reich, aber dabei auch ganz lutherisch und übermütig geworden. Einmal fingen sie einen Stier und zogen diesem bei lebendigem Leibe die Haut ab; dann salzten sie ihn ein, banden die Haut drauf und ließen das arme Tier wieder laufen. Aber die Strafe dafür erreichte die Frevler bald. Am nächsten Morgen gingen sie in »Struem« ober der »Fruetschen« wieder in das Knappenloch, aber herausgekommen sind sie nimmer. Während sie drinnen pochten und hämmerten, fiel das Loch am Eingang zu, und sie waren im Berge begraben. Sie wollten sich einen anderen Ausgang graben; man hörte noch zwei Tage lang hämmern und pochen, dann waren sie still und tot. Aus dem verschütteten Stollen fließt noch gegenwärtig Blut.

Quelle: Johann A. Heyl, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, Nr. 123, S. 653; Gewährsperson: Hochw. Peter Feldner.