Der Feuerputz in Hall
In einem Hause auf dem obern Stadtplatze, im alten Salinenstädtchen
Hall, stieß einmal ein hartherziger Mensch einen Bettler, der ihn
flehentlich um eine Gabe bat, über die Stiege hinab, so daß
er unten todt liegen blieb. Nach diesem traurigen Vorfalle verstrichen
mehrere Jahre. Da starb der Hartherzige eines plötzliches Todes.
Von nun an aber begleitete ein feuriger Putz die Marktweiber von dem Hause
an, in welchem die Unthat geschehen war, bis zu ihren Plätzen und
leuchtete ihnen dabei mit einer hell strahlenden Laterne. Dann gieng er
wieder zurück und verschwand in jenem Haus. Keine von ihnen getraute
sich, den Geist recht ins Auge zu fassen, geschweige denn anzureden. Da
begleitete er einmal eine recht kecke Bauerndirn. Als diese ihren Stand
eingenommen hatte, und der Feuerputz sich wieder endfernen wollte rief
sie ihm zu: "Gelt's gott z'tausendmol für's Leucht'n!"
Da wurde der Geist schneeweiß, dankte dem Mädchen für
seine Erlösung und sagte, er habe nun schon anderthalb Jahre leiden
und brennen müssen, bis ihm jemand für seinen Dienst eine "Vergelt's
Gott" gesagt habe.
Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 27.