Die Ohrringe der Wetterhexe

Auf der Straße von Telfes nach Fulpmes im Stubaithal trieb ein Senner, von der Alpe kommend, Kühe vor sich her. Da sah er auf dem Boden einen goldenen Ohrring mit rothem "Klachele" liegen. Er hob denselben erfreut auf un steckte ihn zu sich. Gleich darauf erblickte er auch den andern, mußte aber schleunig eine Kuh etwas zur Seite treiben, damit sie denselben nicht zertrete. Kaum hatte er ihn in die Tasche geschoben, als plötzlich bei heiterem Himmel ein fürchterliches Donnerwetter losbrach und rasender Sturmwind sich erhob, so daß der Senner erschrocken seinen Fund von sich warf. Nun war wieder alles ruhig wie zuvor. Diese Ohrringe gehörten einer Wetterhexe, die ihren Schmuck in solcher Weise dem Finder entriß.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 107.