Das wilde Manndl als Rathgeber

An der Hochstraße von Zell nach Gerlos liegt ganz in Obstbäumen versteckt das Dörflein Hainzenberg. In dieses einsame Örtchen kam voralters jeden "Langis" das wilde Manndl und gab den Bauern vorzügliche Rathschläge in der Haus- und Feldwirthschaft. Dabei sagte es ihnen die Witterung des ganzen Jahres voraus, und alles traf genau so ein, wie es das Manndl prophezeit hatte. Die Leute hatte sich nun schon so sehr an dasselbe gewöhnt, daß sie sich ein erprießliches Wirtschaften ohne dessen Beihilfe kaum mehr denken konnten. Allein einmal war schon längst die Zeit da, wo man das Feld hätte bestellen sollen, doch das Manndl ließ sich noch immer nicht blicken. In der Hoffnung, es werde vielleicht doch bald kommen, warteten sie noch geraume Zeit. Endlich fiengen sie mit schwerem Herzen zu ackern an, als plötzlich das wilde Manndl zornentbrannt erschien und den erschrockenen Bauern ein vollständiges Mißjahr weissagte, denn Reif, Hagelschauer und Schneefall würden ihnen die Mühen eines ganzes Jahres vernichten. Darauf eilte es fort und kam nie mehr in diese Gegend.

Dasselbe trug sich auch in Aldrans zu, wo noch vor nicht langer Zeit der wilde Mann an einem Hause abgebildet war.

Den Bauern von Mutters leistete ein Venediger-Manndl die gleichen Dienste. Da sie aber,, als es einmal etwas lange ausblieb, mit den Frühlingsarbeiten begannen, ehe es gekommen war, verscherzten sie sich ebenfalls seine Gunst.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 9.