Die feurigen Männer auf dem Streitgampen

Unter dem Pazinkopf, auch Zwölfikopf geheißen, liegt der Streitgampen. Er war vordem eine sehr ergibige [ergiebige] Weide, aber zwischen Groß- und Kleingfall streitig. Es war keine Gemarkung da. Der Streit ist uralt. Anfänglich legten die Großgfaller das Vieh der Kleingfaller und diese wieder die Rinder der Großgfaller, wenn sie über streitigen Boden herweideten, in den Pfandstall bis zur Auslosung. Später erhitzten sich die Streitenden mehr, und sie jagten die übergrasenden Thiere in den Abgrund, dass sie zerschellten, und endlich geriethen die Gegner einander selber an den Leib. Aber es verblieb nicht bei einzelnen Balgereien zwischen den beiderseitigen Hirten. Zuletzt wurde die Erbitterung so heftig, dass sich die Hirten von Großgfall und hinwieder die Hirten von Kleingfall zusammenthaten und in einer heißen Schlacht auf dem Streitgampen einander erschlugen bis auf den letzten Mann. Daher sind sie verurtheilt, als feurige Pütze da oben umzugehen. Der Hass zwischen den Gegnern ist aber so groß, dass sie sich auch jetzt noch allnächtlich auf dem Streitgampen eine Schlacht liefern. (Strengen.)

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 16, S. 19