Der Teufel als Tänzer

Mei, wie die Sennerin auf der Eggeralm ins Tanzen vernarrt war; nichts hat sie lieber gethan [sic]. Der Pfarrer hat oft geprediget [gepredigt], auf dem Tanzplatz wird die Unschuld krank, und auf dem Heimweg stirbt sie, und sie sollten nur einmal in den Kalender für Zeit und Ewigkeit schauen, wie der Tod hinter den Tänzern steht und mit zwei Knochen geigt; aber es war alles in den Wind geredet. Das wussten die Senner weitum und kamen oft bei ihr zusammen und tanzten bis Mitternacht. Eines Abends war sie mit ihrer Kameradin mutterseelenallein in der Sennhütte; es wollte niemand kommen. "Wenn nur heut' einer kam'!" Aber es kam keiner. "Wenn ich heut' doch wenigstens einmal mit einem herumtanzen könnte," sagte sie in ihrer Langweile, "und möcht's der Teufel selber sein!" Der andern gieng [sic] bei diesen Worten ein Schaudern zu, und sie mahnte die Sennerin, nicht so zu reden, sonst könnt' er kommen, der Unterländer.

Nach einer Zeit hörten sie über den Rain herauf lustig jodeln, dass es ihnen in die Ohren gellte. "Endlich kommt einer," rief sie freudig aus, "und noch dazu ein Lustiger; der jodelt ja, wie ich's noch nie gehört habe." Und herein trat ein flinker Jägersmann, bildschön, versteht sich, mit einem nobligen [noblen] Schnauzbart. Wie er die Sennerin ums Tanzen fragte, hatte sie auch schon ja gesagt. Jetzt drehten sie sich herum und immer wieder und immer schneller, und während sie miteinander walzten und der Jäger lustig auf den Boden stampfte und mit der Zunge schnalzte, da stellten sich allmählich mehrere Burschen aus nachbarlichen Sennhütten ein.

Der Tanz wollte nimmer aufhören, und die Sennerin wurde allmählich windelweiß vor Anstrengung und konnte kaum mehr athmen [atmen]; der Jäger ließ sie nimmer aus. Nach und nach wurde dieser größer und immer großer, und Feuer gieng ihm aus den Augen und erleuchtete die Stube: der Sennerin liefen dicke Schweißtropfen herab und nässten den Boden. Da kam es den Zuschauern ganz unheimlich vor, furchtsam drängten sie sich in einen Winkel zusammen, und einer rannte zur Thür [Tür] hinaus und gestracks ins Dorf hinab und holte den Geistlichen. Dieser lief, was er konnte, bergauf und brachte endlich mit harter Mühe den Jäger zum Weichen. Kaum ließ er die Tänzerin aus, da fiel sie um wie ein Holzblock und lag lange wie todt [tot]. Endlich kam sie zu sich, aber die übermenschliche Anstrengung und der Schrecken warfen sie aufs Krankenbett, und erst nach Monaten stand sie wieder auf. (Kössen.)

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 70, S. 105f