DER REDENDE HEILAND

An der Nordseite des Friedhofs steht ein spätgotisches Kruzifix. Der Gekreuzigte hält den Mund weit offen, was früher nicht der Fall gewesen sein soll. Die Sage erzählt, es wären zwei Handwerksgesellen an ihm vorbeigewandert, ohne dem Erlöser der Welt den ehrerbietigen Gruß zu schenken. Ja, nicht genug damit, verspotteten sie ihn noch obendrein.

Nun habe der Heiland den Mund geöffnet und den zwei Bösewichtern derart die Leviten gelesen, daß sie voll Angst und Schreck von dannen liefen. Seither zeige der Gekreuzigte die veränderte Mundstellung.

"Grad als wenn er reden wollt!" betrachten ihn die frommen Imster Weiblein, nicht ohne die Lippen auf das Marterholz zu pressen.

1938 wurde darauf ein Brandanschlag verübt, heute hängt es in der Pfarrkirche über dem Altar.

Spätgotisches Kruzifix © Berit Mrugalska
Der gekreuzigte Christus über dem Altar in der Imster Pfarrkirche "Mariae Himmelfahrt"
Spätgotisches Kruzifix von Hans Kels dem Älteren, um 1510
Vgl. Dehio-Tirol, 1980, S. 353
© Berit Mrugalska, 27. Februar 2005


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 24