DIE KOHLENBRENNER GEHEN UM *)

Tarrenz isch a schiene Stadt,
da rinnt der Bach durch d'Mitte -
Häuser sei siest koane dene,
Wie lauter Naglschmitte ...

Dieses Sprüchlein erinnert uns an das einst blühende Gewerbe der "Nagelschmiede", die wiederum den Köhlern Brot und Verdienst gaben. Teilbezeichnungen in der Tschirgant-Gegend, wie Kohlplatzle, Kohlgüetle, Brenntöpf u.a. sind aus jener Zeit her immer noch im Volk lebendig.

Einige dieser Kohlenbrenner sollen nun ihr Handwerk sehr unredlich betrieben haben, indem sie es mit dem Holz- und Kohlenmaß nicht genau nahmen. Zur Strafe müssen sie noch immer "umgehen". Förster, Jäger, Holzknechte sind mit ihnen schon oft zum Handkusse gekommen - und gar, wenn sie gezwungen waren, in einem der uralten Köhlerhüttchen zu übernachten. Vergaßen sie dabei den Geist um Herbergsrecht zu bitten, so Gnade Gott! Wie das in der Strad ansässige "Pielermandl" (aus dem Dorfe Piller zugewandert) erzählte, hatte man die ganze Nacht keine Ruh, wurde gestupft und gerupft und manch einer ist statt im Rindenhüttlein vor Kälte zappelnd in einem Wassertümpfel aufgewacht, wiewohl er bestimmt nicht über das übliche Quantum hinaus getrunken.

Auch auf der Gegenseite des Tales, in der Obtarrenzer Gegend, spürt man diese unerlösten Geister. Am Weg nach Sinnesbrunn kommt man zur Kohlstatt, zu einem grundlosen, mit schwarzem Schlamm durchsetzten Waldteich. Das ringsherum weidende Vieh beginnt zwischen sechs und sieben Uhr abends unruhig zu werden und davonzulaufen, weil da das Kohlstattmandl um die Wege ist.

Eine Preiselbeerpflückerin sah das in die alte Tarrenzer Tracht gehüllte Männlein auf sich zukommen, ließ ihren Beerenkorb im Stich und sauste davon. Als sie später den Korb holte, lagen statt der Beeren lauter Holzkohlen darin, die sie freudigst nach Hause trug - in der Hoffnung, sie würden sich in Gold verwandeln. Leider hoffte sie vergeblich.

In der Kohlstattgegend haust übrigens noch ein zweiter Putz, der von einem bekannten Geisterseher, genannt "Obtarreter Pfarrer", bereits des öfteren gesichtet wurde. Das erstemal, da er mit einem Kameraden des Nachts eine Brunnensäule stehlen ging, weil sich in seinem Waldteil keine passende vorfand.

Der überlange und zaundürre Geist trug schwarze Hosen, ein weißes Hemd, hielt die Hände am Rücken, hatte statt des Kopfes ein blauflackerndes Lichtlein auf, was besonders gruselig wirkte. Die zwei Missetäter duckten sich fürs erste hinter den Stauden, ließen das über die Bäume hinausragende Gespenst vorbei und liefen dann in Siebenmeilenstiefeln nach Hause. Erst etliche Tage später wagten sie es, den zurückgelassenen Schubkarren zu holen.

*)Aehnliche Sagen aus Mythen und Sagen Tirols v. Alpenburg, wie: Feuer mann, Pigerpütz, Seewaldputz, Ker-Putz zu Strad. Die Kluppa-Männer - lauter unheimliche, böse Gesellen, vom Volke auch „Höllengespenster" genannt.


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 57