EIN GUTER SCHUTZENGEL

Im Jahre 1871 ereignete sich in Imst ein starker Murbruch. Ein Hang vom "Bergl" kam ins Rutschen und begrub ein darunter befindliches Haus. Alle sieben Inwohner fanden den Tod, bloß ein in der Wiege liegendes Wickelkind blieb am Leben, wiewohl bei der Auffindung ein großer Stein die Wiege überdeckte. Vielleicht gerade deshalb, sonst hätte das nachrutschende Erdreich das Kind erstickt. Es wurde völlig unverletzt geborgen und die Leute sagten mit Recht: "'s Wöberle hat einen guten Schutzengel!"

Ein ebenso ans Wunderbare grenzender Fall einer Kindesrettung ereignete sich in Obtarrenz beim Niedergang einer Lawine. Ein gerade am Hausdach befindlicher Mann wurde getötet, ein zweiter in einem Kellerraum lebendig begraben, so daß er sich etliche Tage von rohen Rüben und Kartoffeln nähren mußte, bis endlich Hilfe kam. Das in der Wiege schlummernde Kind aber fuhr mit einem Teil der Lawine zutal. Es wurde heil und gesund aus den Schneemassen gezogen und zeitlebens "'s Länemandle" (Lawinenmännlein) geheißen. Immer noch findet in Obtarrenz im Februar die sogenannte "Länemesse" statt, um von Gott die Abwehr von Lawinen zu erbitten.


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 28