WIE DIE IMSTER LOURDESGROTTE ENTSTAND

Eine sehr fromme Muttergottes-Verehrerin war die Pinzger Hanne, die hier seinerzeit mit Obst handelte und überdies am "Bargle" droben zwei Äckerlein besaß, von deren Ertrag sie lebte. Beim Unkrautjäten erschien ihr dreimal Unsre liebe Frau und wünschte sich im angrenzenden stillen Waldesgrund eine Kapelle. So errichtet das Weiblein erst ein Bildstöckl, das sie gar fleißig mit Blumen zierte. Aber o weh, es fehlte am Wasser und so welkten die Nelken- und Rosenstöcke der Reihe nach hin, was der frommen Hanne argen Verdruß bereitete.

Neuerdings erschien ihr die Himmelmutter, ihr jene Stelle zeigend, wo sich Wasser finden würde - allerdings bloß soviel, daß es zum Gießen der Blumen langte. Und wirklich grub die Alte nicht vergeblich. Heute noch sieht man überhalb der Lourdesgrotte, die aus jenem Bildstöckl hervorgegangen, einen kleinen, zur Zeit als Bienentränke dienenden Wassertümpel, den die Greisin bloßgelegt hatte. Tagtäglich sah man sie nach ihrem kleinen Waldheiligtume humpeln. Wer sie dabei nach dem Ziel ihrer Wanderung befragte, erhielt die kurze, aber vielsagende Antwort: "I geh zum Müetterle!"


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 25