OH, SCHON SOVIEL JAHR !

Eine Pfafflarerin, namens Benedikta Moll, ging einst mit ihrer Kameradin nach Imst einkaufen. Die beiden Mädchen sahen auf der Maldon ebenfalls die Geistersennerin. Diese winkte die zwei an sich heran. Da es aber noch nicht einmal ganz aper war, also die Alm unmöglich in Betrieb sein konnte, ward es den Mädchen unheimlich und sie nahmen Reißaus.

In Imst besorgten sie ihre Geschäfte, gingen auch gewohnheitsmäßig bei den Kapuzinern beichten. Versäumten nicht, einem der Patres ihr seltsames Erlebnis mitzuteilen. Der Geistliche meinte, sie hätten ruhig an die Erscheinung herangehen und selbe um ihr Begehr fragen sollen. "Möglich," schloß er seine Unterweisung, "daß ihr die Gnade gehabt hättet, den Geist zu erlösen."

An Leib und Seele gestärkt, machten sich die zwei Mädchen wieder auf den Heimweg. Als sie nun beim Salvösebründl rasteten und nach Pfafflarer Art ihre Lieblingsmarend, Brot und Feigen, verzehrten, rief es plötzlich in nächster Nähe: "Oh, schon soviel Jahr! Schon soviel Jahr!"

Wieder stiegen den Mädchen die Grausbirnen auf, kreuzschlagend rannten sie des Wegs und atmeten erst einigermaßen erleichtert, als sie die "Salvösen", einen nur zu bekannten Geisterbereich, im Rücken hatten. Erst im nachhinein entsannen sie sich des priesterlichen Rates, einen Geist anzusprechen. Sie hatten eben nicht den Mut dazu gehabt.


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 9