SPUK AUF DEN TEILWIESEN *)

Ein reicher und ein armer Bauer besaßen auf den Teilwiesen droben angrenzenden Grund. Weil nun die einzige Kuh des Armen häufig den Zaun durchbrach, um auf der fetteren Wiese des Reichen zu weiden, beschloß dieser, das gefräßige Tier zu töten. Er säte giftigen Dünger aus, der auch bald die gewollte Wirkung tat. Die Kuh blieb tot am Platze. Der Arme klagte, zog aber auch beim Gericht den kürzeren. Nun verwünschte er den reichen Geizhals, der so herzlos an ihm und den Seinen gehandelt hatte. Nach dem Ableben mußte jener sein Vergehen gar schwer büßen. Oft sah ihn der eigene Sohn des Nachts auf den Teilwiesen droben an der Seite eines Rindes stehen, hörte ihn jammern und wehklagen. Einmal nahm sich der Bursche ein Herz, den Geist anzureden und bekam die klare Antwort: "Ich bitt euch der Gotteswillen, zahlt ihm den Betrag, den die Kuh wert war!"

Es geschah, und so wurde der Geist erlöst. Als Schnee-weiße Gestalt erschien der Verstorbene seinem Sohne ein letztesmal, mit einem Gesichte, das bereits den Schimmer der Verklärten zeigte.

*) TeilWiesen: Wiesen in der Linserhofgegend


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 7