Die Hungerburgbahn
1. Teil: Geschichte der Hungerburgbahn
             Der Freizeitpark auf der Hungerburg
             Der Name "Hungerburg"
2. Teil: Fotos der Hungerburgbahn 1906 - 2005
3. Teil: Abriss der Hungerburgbahn, Dezember 2005

1. Teil: Geschichte der Hungerburgbahn

Die Gemeinde Mühlau, von welcher Sebastian Kandler (1863 - 1928), der Begründer der Hungerburg-Siedlung, den Baugrund für die Bahntrasse erwarb, erklärte sich in ihrer Ausschuß-Sitzung am 20. Jänner 1905 unter folgenden Bedingungen zum Grundverkauf bereit:

"1. Daß die ganze Bahnanlage auf Mühlauer Grund fällt, auch die Bahn-Anfang- und Endstation in Mühlau liege, und der Sitz einer allfälligen Aktien-Gesellschaft Mühlau sein wird.
2. Der Preis für die Quadrat-Klafter ist 2 Kronen (im Mai wurden dann 5 bzw. 4 oder wenigstens 3 1/2 Kronen gefordert).
3. Die Gemeinde läßt den Kaufschilling als Aktienkapital stehen und beteiligt sich mit dem Kaufschillingsbetrag als Aktionär.
4. Die Gemeinde verlangt 1 Sitz und Stimme im Verwaltungsrate.
5. Fals (!) die Bahn nicht von einer Aktiengesellschaft, sondern von einer rechtlichen Person gebaut wird, ist der Kaufschilling an die Gemeinde baar (!) zu bezahlen.
6. ...
7. Das (am Baugrund der Bahntrasse) zu schlagende Holz bleibt Eigentum der Gemeinde."

Am 17. Mai desselben Jahres bildete der Gemeinde-Ausschuß dann eine eigene Kommission für Angelegenheiten der Hungerburgbahn und erhob die zusätzliche Forderung nach einer Haltestelle beim Richardsweg, während er sich gleichzeitig, wenngleich schweren Herzens, damit abgefunden hat, daß die Talstation der Bahn nicht in Mühlau liegen werde. Als "Projektverfahrer der Hungerburgbahn" werden bei dieser Gelegenheit neben Kandler ein gewisser Herr Kurz und Ing. von Meinong genannt. Letzterer war übrigens der erste, der die Öffentlichkeit über diese "von ihm projektierte Drahtseilbahn auf das Hungerburg-Plateau" informiert hat. Am 1. Mai 1905 hielt dieser "behördlich autorisierte und beeidete Zivilingenieur und Inspektor der k.k. Staatsbahnen" darüber im technischen Klub in Innsbruck einen Vortrag, worüber die "Innsbrucker Nachrichten" am 9. Mai 1905 folgendes berichten: "Nach einigen einleitenden Worten . . . begründete er die Wahl der von ihm vorgeschlagenen Bahntrasse, welche am rechten Innufer nächst der Kettenbrücke beginnt und beiläufig 100 Meter östlich von der Hungerburg am Hungerburg-Plateau ausmündet, sowohl in baulicher, wie in wirtschaftlicher Beziehung, insbesondere aber den eminenten Wert der Wahl des Aufstiegspunktes am rechten Innufer nächst der Kettenbrücke, welcher nicht nur am Ende des frequentesten Spazierganges Innsbrucks, sondern auch unmittelbar an den Stadtbahn-Linien, welche vom Berg Isel und vom Bahnhofplatze zur Kettenbrücke führen, und zweifellos infolge dieser günstigen Verbindungen im Interesse der Bevölkerung Innsbrucks liegt. Eine Beschreibung der ungefähr 1800 Meter langen Bahn, deren Längenprofil, welches mit 16 Prozent zu steigen beginnt und mit 55 Prozent endigt, des beabsichtigten Unterbaues, der mechanischen Einrichtung, des ungefähr drei Zentimeter starken Drahtseiles, der automatischen Ausweiche, der Personenwagen, welche 50 Passagiere fassen sollen, der Lastwagen, welche die billige Beförderung ganzer Ziegelfuhrwerke auf das Plateau möglich machen und der Sicherheitsvorkehrungen riefen ein deutliches Bild des Projektes bei den Zuhörern hervor, welches noch durch die aufgelegten Pläne vervollständigt wurde. Der Verkehr soll ein sehr dichter, Sommer und Winter hindurch geführter werden (alle zehn Minuten fahren gleichzeitig Wagen von oben und unten ab) und bei der Bewältigung desselben ist auch auf die Beförderung von Lasten Rücksicht genommen. Die mutmaßlichen Verkehrsziffern stellen bei einem sehr geringen, etwa 40 Heller für die Tour- und Retourfahrt betragenden Fahrpreis eine Rentabilität in Aussicht und es ist nur zu wünschen, daß der baldigen Verwirklichung dieser im öffentlichen Interesse und besonders im Interesse der Bewohnerschaft Innsbrucks gelegenen Bahn keine Hindernisse erwachsen mögen."

Am 26. Mai erfolgte dann die gemeinsam von der Gemeinde und den Projektanten durchgeführte Kommissionierung. Bei der anschließend abgehaltenen Ausschuß-Sitzung faßte die Gemeinde nochmals folgenden Beharrungsbeschluß: "Auf die von der Gemeinde gewünschte Haltestelle am Richardsweg wird unter keiner Bedingung verzichtet, und glaubt die Gemeinde, indem sie im Interesse des raschen Zustandekommens der Bahn auf ihre ursprüngliche Vorderung (!), der Ausgangspunkt sei auf Mühlauer Grund am linken Innufer zu legen, verzichtet, einen berechtigten Grund zu haben, die Erfüllungen ihrer übrigen Wünsche und Forderungen verlangen zu können."

Bei der Ausführung des Bahnbaues scheint aber die Berücksichtigung auch dieser Forderung vermutlich auf technische Schwierigkeiten gestoßen zu sein, weshalb es niemals zu einer "Haltestelle Richardsweg" gekommen ist; - wie oben erwähnter Vortrag zeigt, war eine solche Haltestelle von Seiten der Projektanten auch keineswegs vorgesehen. [Anmerkung: die Haltestelle "Schillereweg" in der Nähe des Alpenzoos wurde 1987 errichtet]. Dessen ungeachtet wurde sie noch in einem kurz nach Beginn der Bauarbeiten veröffentlichten Zeitungsbericht der "Innsbrucker Nachrichten" am 17. März 1906 erwähnt. Dieser sehr ausführliche Bericht lautete: "Wer hätte das vor wenigen Jahren behaupten wollen, daß man einst zu der sonnigen Hochfläche mit dem alten Gasthause "Hungerburg" mit den modernsten technischen Mitteln hinaufgelangen wird? Heute stehen wir vor der vollendeten Tatsache, die jeden Zweifel verstummen macht: Oben auf der lichten Höhe erhebt sich ein prächtiger Bau, modern eingerichtet, unten regen sich Hunderte von Menschenhänden, um einen Schienenstrang über den Fluß, die Hügel und die Felsen zu legen, um so bequem die Höhe erreichen zu können. Es wird ein monströses, aufsehenerregendes Werk werden, diese zweite Seilbahn in Tirol.

Hungerburgbahn, Innsbruck 1909

Die Talstation der Hungerburgbahn
Foto: Leo Stainer, 1909
aus: Franz Heinz Hye, Vom "Grauenstain" zur Hungerburg, Geschichte des Stadtteils Hoch-Innsbruck, Innsbruck 1982, S. 56

Die Verfasser des Projektes sind Ingenieur Bauunternehmer Riehl und Zivilingenieur R. von Meinong in Innsbruck. Die Bahn wird eine Drahtseilbahn mit elektrischem Antriebe, ähnlich wie jene auf der Mendel, Spurweite 1 Meter, Gesamtlänge ungefähr 800 Meter. Die Höhenkote am Ausgangspunkte der Bahn ist 570 Meter, jene am Ende auf dem Plateau 860 Meter, es ist daher ein effektiver Unterschied von 290 Meter Höhe zu überwinden. An beiden Endpunkten der Bahn befindet sich ein Stationsgebäude, Parterreobjekte. Das untere, die Station "Drahtseilbahn", kommt auf die Rasenfläche neben dem rechtsufrigen Widerlager der Kettenbrücke zu stehen und enthält einen Wartesaal, einen Einstieg-Perron auf schiefer Ebene, Kanzlei und Magazin. Die gleiche Einteilung ist auf der oberen Station vorgesehen, die ungefähr 100 Meter rechts vom Restaurationsgebäude am Plateau zu stehen kommt; diese enthält auch den Maschinenraum, in welchem der Antrieb erfolgt. Die ganze Bahnstrecke wird keine ausgesprochene Gerade darstellen, sondern sie wird sich in leichter Windung durch die kleinen Waldbestände aufwärts ziehen. Sie enthält zwei Kurven, eine mit dem Radius von 300 Metern und die andere mit einem solchen von 400 Meter Halbmesser, die sich dem Terrain möglichst anpassen, während im vertikalen Sinne Radien von 1400 Meter die Gefällsunterschiede der Seilbahn vermitteln. Die Trasse gleicht von weitem gesehen einem leicht gekrümmten S. Diese Biegungen sind aber so gering und die Trassenführung ist dermaßen angeordnet, daß die ganze Strecke vom Maschinenhause aus überblickt werden kann.

Die Bahn beginnt mit einer schiefen Brücke in Eisenkonstruktion am rechten Innufer nächst der Kettenbrücke, deren beide Widerpfeiler aus Beton gemauert, am rechten Innufer und auf dem Plateauplatze, dem sog. "Birkbühel" neben der Villa Ziel unterhalb des Richardsweges situiert sind. Dieser, sowie die neue Schillerpromenade im Eggenwalde werden von der Bahn auf je einer eisernen Brücke übersetzt, die Wege führen also unterhalb des genannten Bahnkörpers durch. Am Kreuzungspunkt des Richardsweges mit der Bahn wird eine Haltestelle "Mühlau" errichtet, um dort etwaigen Fahrgästen das Ein- oder Aussteigen zu ermöglichen. Die Gemeinde Mühlau hat sich in Anbetracht dieses Zugeständnisses und als Beweis ihres Entgegenkommens bereit erklärt, die Lasten der Errichtung des Haltestellen-Plateaus und die Einhaltungskosten der Zufahrtsstraße zu übernehmen. Im anmutigen Eggenwalde führt die Bahn dann stets auf Betondämmen aufwärts, sie durchfährt eine fast die ganze Waldpartie durchziehende Mulde in ihrem tiefsten Teile und nähert sich dann den von weitem sichtbaren Nagelfluhwänden, auf denen sich das Hungerburg-Plateau aufbaut. Ein großer gemauerter Viadukt vermittelt den Übergang über den Wegeinschnitt, Steinbruchweg oder "Knappensteig" genannt, bis zum Plateau. Durch die erste Viaduktöffnung wird der vorhin genannte Steig durchgeführt. Die Endstation mit der Bezeichnung "Hungerburg" befindet sich (von der Stadt aus gesehen) rechts vom Restaurationsgebäude, der Zugang erfolgt durch einen neu anzulegenden 4 Meter breiten und ungefähr 100 Meter langen Weg.

Hungerburgbahn Innsbruck 1909

Die ersten Waggons der Hungerburgbahn an der "Kreuzung"
Foto: Leo Stainer (Sammlung H. Patscheider, "Linde")
aus: Franz Heinz Hye, Vom "Grauenstain" zur Hungerburg, Geschichte des Stadtteils Hoch-Innsbruck, Innsbruck 1982, S. 57

Die Trasse bildet, wie gesagt, keine Gerade, sie stellt aber auch keine Nivellette dar, das heißt, ihre Steigungsverhältnisse sind ebenfalls unregelmäßige. In ihrem ersten Teile, also auf der Brücke, finden wir solche von 18,5 Prozent, die Steigung geht dann allmählich auf 39 Prozent über und erreicht in der obersten Strecke das Maximum von 55 Prozent, also etwas weniger als das Maximum der Mendelbahn. Die Aussicht von den exponierten Stellen der neuen Seilbahn dürfte prächtig sein. In der Mitte der Strecke befindet sich eine Ausweiche in der Länge von 146 Meter. Von der neuen Bahn werden insbesondere zwei baulich hochinteressante Objekte die Aufmerksamkeit erregen, das sind die neue Innbrücke, sowie der Viadukt unterhalb des Plateaus der Hungerburg. Die Brücke wird zwar das Landschaftsbild nicht gerade verschönern, sie wird auch einen Teil ihrer Imposantheit durch die Anwesenheit ihrer nächsten Nachbarin, der Kettenbrücke, einbüßen. In technischer Hinsicht aber sehen wir in dem Bau ein bedeutsames, monumentales Werk, das allseitige Bewunderung verdient.

Diese Brücke wird vom einen Widerlager am linken Innufer bis zu jenem am Birkbühel eine Länge von 156 Meter erhalten und durchschnittlich ungefähr 18 Prozent ansteigen. Den Höhepunkt erreicht sie am Birkbühel (40 Meter), sie wird also das an der Reichsstraße, dem sog. "hohen Weg" liegende Wohnhaus weit über das Dach hinaus überragen. Die Brücke erhält im Flußbette zwei Pendelpfeiler, die als Joche ausgestaltet werden, so ähnlich wie bei der benachbarten Trambahnbrücke. Die eisernen Ständer werden auf den ungefähr 4 Meter tief ins Flußbett eingetriebenen Piloten aufgesetzt und flußaufwärts durch kräftige Eisbrecher gesichert, obwohl der Inn in dieser Hinsicht nie Gefahr bot. An der linksseitigen Uferlehne, knapp neben der Straße, kommt ein 20 Meter hoher, 6 Meter breiter Standpfeiler zu stehen, dessen vier Füße in Beton gemauert sind, der vierte Pfeiler wird am Abhange des Birkbühels als eiserner Jochständer mit gemauerten Sockeln situiert. Wir haben daher an der ganzen Brücke fünf Felder zu 30 und eines zu 6 Metern.

Das zweite interessante Objekt, der Viadukt, wird 160 Meter lang; er erhebt sich in einer durchschnittlich bemessenen Höhe von ungefähr 12 Metern über dem Boden und hat zusammen 15 Öffnungen mit je sechs Metern lichter Weite; es wird also ein bedeutendes technisches Werk werden. Die Ausführung erfolgt in Mörtelbeton. Die Fahrzeit ist 9 Minuten, ein Wagen fährt bergab, ein anderer am selben Seile gleichzeitig bergauf, in der Mitte der Strecke kreuzen sie sich. Der Aufenthalt in den beiden Stationen beträgt eine Minute, es wird also während des ganzen Tages alle zehn Minuten Fahrgelegenheit auf- oder abwärts sein. Die Wagen sind nach der Art der Seilbahnwagen schief gebaut mit stufenförmig aufeinanderfolgenden Sitzen. Ein solcher Wagen hat Raum für 60 Personen und enthält fünf Coupes. Die Plattformen sind ebenfalls für den Personenverkehr eingerichtet, es können aber auch Transporte, Baumaterialien etc. befördert werden. Auf diesen letzteren Umstand wurde aus dem Grunde Rücksicht genommen, weil man sich die Erstehung größerer Bauten auf dem Hochplateau und seiner Umgebung verspricht.

Das Drahtseil ist 32 Millimeter stark, auf l0fache Sicherheit geprüft und läuft auf paarweise in den Bahnkörper eingebauten Rollen. Um jegliche Bedenken ängstlicher Gemüter zu vertreiben, hat die Technik für solche Bergbahnen ganz besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die bei der Hungerburgbahn nach den modernsten Systemen angewendet werden. Vor allem sind es automatisch wirkende Bremsen, welche im Falle eines Seilbruches die Räder und den Wagen an die Schienen sofort festklemmen, ferner befinden sich im Wagen zwei Handbremsen, im Maschinenhause am Plateau eine automatische Bremse und Handbremsen, durch welche ein etwa gefährdeter Wagen sofort zum Stillstande gebracht werden kann. Beide Stationen sind weiter untereinander durch Telephon verbunden, überdies ist jeder Kondukteur mit einem handlichen tragbaren Telephon versehen, um etwaige Störungen sofort in der Zentrale melden zu können. Eine Kontaktleitung besorgt bei Störungen automatisch die Signalisierung. Die elektrische Kraft wird in einem Kabel zur Zentrale am Hungerburg-Plateau geleitet; von dieser aus erfolgt der Betrieb der Bahn. Die Sicherungen in der Zentrale beim Antriebe sind ebenfalls umfassende und vollständig zuverlässige.

Hungerburgbahn, Kettenbrücke, Innsbruck 1918

Innsbruck, Kettenbrücke mit Hungerburgbahn
Postkarte, gelaufen, gestempelt: 13. Februar 1918
Sammlung Morscher, privat.

Bei der Herstellung dieser Bahn wurde besonders darauf Rücksicht genommen, den Verkehr im Winter, unbehindert von Natureinflüssen aufrecht erhalten zu können. Aus diesem Grunde erhebt sich der Bahnkörper bis auf ein kleines Stück beim Einschnitte am Hungerburg-Plateau stets genügend auf Betonunterbau über das Niveau des Untergrundes. Es wird ganz besonders von fremdenverkehrsfreundlichen und interessierten Kreisen darauf verwiesen, daß Mariabrunn mit seiner Umgebung zweifellos eine Zukunft als Winterstation hat und in Nordtirol als solche einst eine große Bedeutung erlangen wird."

Wie gerade diese Schlußbemerkung bezüglich des Hotels Mariabrunn zeigt, agierte Sebastian Kandler auch beim Bau der Hungerburgbahn bis zuletzt, wenngleich hier mehr im Hintergrund.

Nachdem in der ersten Julihälfte "die Maschinenteile zur elektrischen Einrichtung" eingelangt waren, und am 31. August die erste Probefahrt "mit beiden Wagen" stattgefunden hatte - sie verlief glatt und ohne Anstand - stand der Eröffnung der Bahn am 12. September 1906 nichts mehr im Wege. Kurz zuvor veröffentlichte ein Ing. A. Wrabetz noch am 1. September in den "Innsbrucker Nachrichten" einen beruhigenden und zugleich werbenden Artikel über "Die Sicherheit bei Seilbahn-Betrieben", worin er sich ausführlich mit den Sicherheitsvorkehrungen der Hungerburgbahn befaßt. Er schließt mit der Bemerkung, "daß die Wagen der Hungerburgbahn drei geschlossene und zwei offene Abteile (Plattformen) mit einem Gesamtfassungsraum für 60 Personen besitzen. Die Fahrzeit wird neun Minuten betragen, was einer Fahrgeschwindigkeit von zirka einundeinhalb Metern in der Sekunde entspricht. Die Hungerburgbahn, für welche der bautechnische Teil durch die Bauunternehmung des für die Entwicklung des Bahnwesens in Tirol so verdienstvollen Ingenieurs Josef Riehl hergestellt wurde, ist die erste Seilbahn in Österreich, bei welcher auch das Antriebswindwerk Erzeugnis einer inländischen Firma ist. Dieses, sowie die elektrische Ausrüstung liefert die A.E.G. Union Elektrizitäts-Gesellschaft in Wien, von der auch für die eingangs erwähnten Seilbahnanlagen der elektrische Teil ausgeführt wird."

Die Inbetriebnahme der Bahn erfolgte dann am 12. September 1906 um 7 Uhr früh. Trotz schlechten Wetters wagten an diesem Tage über 200 Personen eine erste Fahrt auf die Hungerburg. Die offizielle Eröffnungsfahrt mit geladenen Gästen und der Presse wurde am Nachmittag durchgeführt, und anschließend vereinigte ein "interner Abend im Hotel Mariabrunn die Vertreter des Betriebes, der Bauleitung, der "Union", des städtischen Elektrizitätswerkes und der Presse zu fröhlichem Zusammensein. Ing. Innerebner gedachte hiebei des derzeit in Karlsbad zur Kur weilenden Schöpfers der Bahn, Herrn Ingenieurs Riehl. Er empfahl (die Bahn) der Obsorge derjenigen, in deren Pflege sie gegeben wurde. Vor sechseinhalb Jahren hat Betriebsinspektor Twrdy nur die Lokalbahn Innsbruck-Hall übernommen; seit dieser Zeit sind vier Bahnen aller Systeme hinzugewachsen: die Mittelgebirgsbahn (nach Igls), die Stubaitalbahn, die elektrische Tramway und nunmehr die Drahtseilbahn auf die Hungerburg. Redner gedachte auch der tausend fleißigen Hände, der Arbeiter, die die neue Drahtseilbahn schufen und des Leiters, der die Schöpfung ohne Unfall zu Ende führte, des Ingenieurs Leitempergher. Treffliche Gesang-, Zither- und Guitarrevorträge des Herrn Hermann Gürtler und des Fräulein Mizzi Hupfauf brachten weitere Abwechslung in den Abend, der auch die Leistungsfähigkeit des Hotels "Hungerburg" im besten Lichte erscheinen ließ. Erst nach Mitternacht wurde die Rückfahrt unternommen."

Hungerburgbahn 1913, www.SAGEN.at

Hungerburgbahn mit Innsbruck gegen Süden mit Serles und Nockspitze
Postkarte, gelaufen, gestempelt: 8. September 1913
Sammlung Morscher, privat.

Die Hungerburgbahn nahm somit ihren Betrieb auf und beförderte langsam aber sicher nach und nach eine Unmenge von Touristen und Erholungssuchenden hinauf auf das schöne bewaldete Hungerburg-Plateau. Die Bahn ließ es auch als möglich erscheinen, daß man im Jahre 1912 die alljährlich an Kaiser Franz Josephs I. Geburtstag (18. August) begangene "Kaiserfeier" auf der Hungerburg abgehalten hat. Dabei allerdings war die Bahn überfordert, denn von den mehr als 10.000 Teilnehmern des Festes konnte sie höchstens 2.000 befördern. Dies wiederum aber bestärkte den Innsbrucker Verschönerungsverein in seiner Absicht, zusätzlich zur Bahn auch für entsprechende sichere Fußwege zur Hungerburg zu sorgen. Für Max Schammler vom IVV blieb es jedenfalls "ein Rätsel, wie diese Menschenmenge (nach Abschluß der Kaiserfeier) abends im Dunkeln auf dem halsbrecherischen Wege (dem alten Weg von der Weiherburg zur Hungerburg) zu Tal gelangt ist". (Vgl. dazu unten den Abschnitt über Wege und Straßen zur Hungerburg) - Nach dieser Einblendung aus dem damaligen Leben wollen wir uns nun wieder der weiteren Bahn-Geschichte zuwenden.

Vom Jahre 1906 an war die Hungerburgbahn, welche gleich bei ihrer Eröffnung gegen einen Kaufpreis von 660.000 Kronen in die Hand der Innsbrucker Lokalbahn AG (heute IVB) übernommen worden war, 51 Jahre lang ohne Unterbrechung - abgesehen von der alljährlichen Überholung und der Erneuerung der elektrischen Einrichtungen 1936 - in Betrieb. Der hierauf im Herbst 1957 begonnene Umbau brachte dann eine notwendige totale Modernisierung auf den heutigen Stand mit neuer Tal- und Bergstation (der Umbau der ersteren erfolgte allerdings schon im Herbst 1953), verbessertem Antrieb (Fahrgeschwindigkeit 4m/sec), und neuen, größeren Wägen aus Glas und Aluminium für je 90 Fahrgäste. Entsprechend der verstärkten Leistung mußte auch der Unterbau weitgehend erneuert werden. Die neuerliche Inbetriebnahme und Weihe der Bahn wurde am 23. Juli 1958 feierlich begangen.

Quelle: Franz-Heinz Hye, Vom "Grauenstain" zur Hungerburg, Geschichte des Stadtteiles Hoch-Innsbruck, Innsbruck 1982, S. 70 - 78.

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Der Freizeitpark auf der Hungerburg

Hungerburgsee mit Aussichtsturm

Vergnügungsanlage Hungerburgsee
mit künstlichem Wasserfall, Ruderbooten und Aussichtsturm
Foto: Sammlung H. Patscheider, in Hye 1982, 73

Auf dem Hochplateau eröffnen Karl und Franz Schwärzler im ehemals Spörrschen Steinbruch am 4. August 1912 eine Freizeitanlage, die auch nach heutigen Maßstäben beeindruckend war. Ein 3.500 m2 großer Bade-See, der auch mit Ruderbooten befahren werden konnte und ein Aussichtsturm, auf den von einer Felsenhöhle am jenseitigen Ufer mit einem hell erleuchteten Lift (40 Meter Fahrhöhe von der im Bild sichtbaren Grotte am See bis zur Turmspitze. Der hell erleuchtete Lift wurde nach modernster Bauweise und aller Eleganz ausgestattet) auf eine Aussichtsplattform gefahren werden konnte. Neben dem Gasthaus "Seehof" gab es verschiedenste Ruheflächen und Restaurantgärten. Nun hatte die Hungerburg auch ihre Burg bzw. Burgruine!

Leider wurde die Anlage 1937 stillgelegt, das Gelände und der legendenumwobene Turm ist erhalten. 1988 wird am Turm eine Erinnerungstafel an das Vergnügungsgelände angebracht.

Aussichtsturm Hungerburg © www.SAGEN.at

Aussichtsturm des ehemaligen Vergnügungsparks auf der Hungerburg
die Burganlage der Hungerburg, als Vergnügungspark nachträglich zum ungeklärten Namensursprung "Hungerburg" errichtet
© Wolfgang Morscher, 30. September 2001

Quelle: nach: Franz-Heinz Hye, Vom "Grauenstain" zur Hungerburg, Geschichte des Stadtteiles Hoch-Innsbruck, Innsbruck 1982, S. 63 - 69, stark gekürzt und um aktuelle Daten erweitert.

"Aussichtsturm
1912 - Zusammen mit dem Gasthaus Seehof
und dem künstlichen Hungerburgsee
durch private als Freizeit-Anlage
für den Fremdenverkehr errichtet
1926 - Einstellung des Gastbetriebes und
Ankauf durch die Kinderfreunde
1937 - wegen Wassermangels wird der
künstliche See aufgelassen
1951 - Ankauf des Seehofes durch die
Tiroler Arbeiterkammer und Umbau
zu einem Bildungshaus.
Gewidmet von der Kammer f. Arbeiter u. Angestellte f. Tirol - 1988"
© Wolfgang Morscher, 13. Oktober 2001

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Der Name "Hungerburg"

Der Höttinger Wald umfaßte ursprünglich jenes geschlossene Waldgebiet, welches sich von der Westgrenze der Katastralgemeinde Mühlau bis zur Ortsgrenze der Dorfgemeinde Zirl erstreckt. Das Gebiet war für die ehemalige Dorfgemeinde Hötting und der Stadtgemeinde Innsbruck als gemeinsamer Besitz und in den Funktionen Wald (Bannwald), Wasser (Trinkwasser) und Wallfahrt (Höttinger Bild) außerordentlich wichtig.

Die ersten nur zeitweise bewohnten Gebäude in der "Grammartwaldung" waren die Almen (Innsbrucker Stadtalm (heute Umbrüggler Alm), Arzler-Alm, Bodensteinalm), sowie einige Vogelhütten. Solche dem Vogelfang dienende "Jagdhütten" bestanden in größerer Zahl rund um Innsbruck. Als Josef Andreas von Attlmayr im Jahre 1840 den südöstlichsten Teil der Gramartwaldung am Grauenstein kauft, ist in den Kaufurkunden auch die dortige Vogelhütte erwähnt. Diese, im Jahr 1616 angelegte, Vogelhütte dürfte im Gebiet des späteren Hotels bzw heutigen Wohnanlage "Mariabrunn" gestanden haben. 1845/46 wird an deren Stelle das alte Gebäude "Neuhof-Mariabrunn" errichtet, das rasch erhielt es den Spottnamen "Hungerburg" erhielt, die eigentliche Ursache dieses Namens ist bis heute ungeklärt. Ab 1880 wird das Gebäude als Gastwirtschaft erwähnt.

Die frühesten - heute bekannten - Belege für den Namen Hungerburg sind auf einer von Edmund von Wörndle gezeichneten Ansicht der Weiherburg und ihrer Höfe (1850), einem Brief einer Innsbruckerin 1852, die von einem Ausflug auf die Hungerburg erzählt, sowie der Katastermappe der Gemeinde Hötting 1856, wo der Name Hungerburg eingetragen ist.

Am 22. September 1903 kauft Sebastian Kandler, der Pionier der Innsbrucker Fremdenverkehrswirtschaft, den alten Neuhof Mariabrunn mit der Absicht das Plateau für den Fremdenverkehr zu erschliessen. Neben des Umbaus zur Hotelanlage "Mariabrunn" errichtet Kandler weitere Gebäude in der Hungerburg-Siedlung und initierte den Bau der Hungerburgbahn.

Quelle: nach: Franz-Heinz Hye, Vom "Grauenstain" zur Hungerburg, Geschichte des Stadtteiles Hoch-Innsbruck, Innsbruck 1982, S. 7 - 42, stark gekürzt.

1. Teil: Geschichte der Hungerburgbahn
2. Teil: Fotos der Hungerburgbahn 1906 - 2005
3. Teil: Abriss der Hungerburgbahn, Dezember 2005