Die Vision des Dr. Hippolytus Guarinoni
So wird erzählt, daß Guarinoni zur Zeit, als er sich viel
mit der Auffindung von sicheren Tatsachen, die auf den Martertod des sel.
Andreas von Rinn Bezug hatten, beschäftigte, und ihm vornehmlich
daran lag, das Todesjahr des genannten Martyrers zu erforschen, einstens
- es war am ersten November des Jahres 1620 - einen seltsamen Traum, oder,
wenn man will - eine Erscheinung gehabt habe. Er sah nämlich die
Gestalt eines holdseligen Knaben ihm freundlich zuwinken und verschwinden,
worauf er plötzlich das Portal der Pfarrkirche von Hall schaute,
an welchem deutlich die Zahl 1462 ersichtlich war.
St. Nikolaus, Hall in Tirol, Stadtpfarrkirche
Spätgotische Hallenkirche
©
Berit Mrugalska, 4. Juni 2004
Guarinoni faßte die Vermutung, das ihm erschienene Kind sei der selige Märtyrer Andreas von Rinn gewesen, und die erblickte Zahl bedeute desselben Todesjahr, befragte aber noch im Zweifel hierüber den Bruder Thomas, welcher gerade auf einer Reise nach Wien begriffen war, wohin ihn Kaiser Ferdinand II. berief, und bei seinem Freunde Guarinoni die Einkehr genommen hatte. Thomas antwortete: "Quanto all' insogno overo visione, che aveste des Santo Innocentino, stimo vero, quanto Iddio li ha fatto verder. Però lo noti autentico con juramento, lasciando la cura à Dio et à chi tochera tal esame." (Was den Traum oder die Erscheinung betrifft, welche Ihr von dem heiligen Kinde gehabt, halte ich für wahr, soviel Euch Gott hat sehen lassen. machet es bekannt durch einen Eidschwur und laßt Sorge Gott über und denjenigen, welchen eine solche Prüfung zusteht.)
Hl. Nikolaus im Scheitel des Portals, Halbfigur
©
Berit Mrugalska, 26. Jänner 2004
Quelle: Ludwig Rapp, Hippolytus Guarinoni, Stiftsarzt in Hall, 1903, S. 33f.