DIE SCHWARZE KATZE

Bei der Johanneskapelle, die etwas unterhalb der Landstraße links vom Enterbach steht, hatte ein Fuhrmann einmal ein unangenehmes Erlebnis. Das ist freilich lange her und der eiserne Schienenstrang führte damals noch nicht an unserem Dorfe vorbei.

Als der Fuhrmann mit seinem schwerbeladenem Wagen die Enterbachbrücke gerade hinter sich hatte, blieben Roß und Wagen bei der Johanneskapelle ohne ersichtlichen Grund plötzlich stehen, obwohl hier die Straße damals eher abwärts als aufwärts führte. Weder gütiges Zureden noch Fluchen brachten Pferde und Wagen wieder in Bewegung. Als aber der Fuhrmann mit seiner Peitsche ein Kreuz in die Luft schlug, huschte eine schwarze Katze über den Weg und er konnte mit seinem Gefährt ungehindert weiterfahren.

Mitgeteilt von Haller Josef, vlg. Schuaster Seppl

Daß die schwarzen Katzen als Hexentier angesehen werden, ist im Glauben unserer germanischen Vorfahren begründet. Sie galt bei den Germanen als ein der Wolkengöttin Freya geheiligtes Tier. Freya war die Gatting Wodans und als solche Beschützerin der Ehe. Alljährlich fuhr sie im Frühling auf einem Katzengespann durch die Luft.

In christlicher Zeit wurde dann aus der germanischen Göttin eine Hexe und die schwarze Katze zu einer ständigen Begleiterin der Hexen. Besonders den Fuhrleuten und Kutschern sagte man nach, daß sie vor schwarzen Katzen wegen ihrer dämonischen Eigenschaften Angst hätten.

Da die Katze aber ursprünglich als geheiligtes Tier galt, werden sie heute auch als Boten des Glückes betrachtet. So bekommen z.Bsp. Mädchen, denen Katzen entgegenlaufen einen guten Mann und wenn am Hochzeitstage eine Katze bis zur Kirchtüre nachläuft, so bringt sie dem Brautpaar Glück in der Ehe. Wenn sie sich am Morgen putzt, kommen Gäste. Sportler, besonders Flieger, lieben sie als glücksbringenden Talisman.

Daß die Kapelle beim Enterbach im Volke als unheimlicher Ort galt, beweist auch folgende Begenbenheit:

Bei stockdunkler Nacht kam eine Frau an der Kapelle vorbei und sah im Gezweig der daneben wachsenden Hollunderstaude eine kopfgroße, feurige Kugel herumtanzen. Sie war eine beherzte Frau und trat näher hinzu, um das merkwürdige Ding genauer zu betrachten. Doch sie konnte es nicht entdecken, als sie vor dem Strauch stand. Nachdem sie aber weitergegangen war und dann zurückblickte, hüpfte die Kugel wieder im Busch herum.

Daheim wurde sie ausgelacht, als sie ihr Erlebnis erzählte, doch keiner der Spötter hatte den Mut, zur Enterbachbrücke zu eilen und diese geisterhafte Erscheinung zu überprüfen.

Quelle: Dorfbuch Inzing, Franz Pisch.

© Ernst Pisch.
Dieser urheberrechtsgeschützte Text wurde freundlicherweise von Ernst Pisch für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.