Der schwedische Soldat

Unruhige Zeiten waren im Lande. Von außen drängten schwedische Reiter immer an die Grenze, doch wagten sie es nie, in das Land einzubrechen. Der damalige Herr auf der Kapsburg, ein kampfeslustiger, junger Mann, zog einmal mit seinen Leuten weit in das Bayrische hinaus, denn er wollte mit den Schweden einen Kampf austragen. Nach langem Reiten stießen sie zu den Kaiserlichen. Diese nahmen sie freudig auf und voll ungestümer Kampfesfreude trat er mit seinen Leuten in den Dienst der Kaiserlichen, um dadurch die Schweden, von denen in der Heimat viel erzählt wurde, kennenzulernen.

Im großen Heere Tillys diente nun Peter von Kaps - so wird er in der Sage geheißen - mit seinen Knappen und Dienern. - Das Heer Tillys konnte die Schweden nicht aufhalten. Gustav Adolf zog in München ein. Böhmen, Tirol und Österreich schienen ebenfalls in die Hand des Schwedenkönigs zu kommen. In schwerer Stunde ging Kaiser Ferdinand zu Wallenstein und bat ihn, die Führung des Heeres zu übernehmen. Langsam willigte Wallenstein ein, denn er hatte es dem Kaiser nicht vergessen, daß er ihn einmal im schönsten Siegeszuge zurückgesetzt hatte. Schnell wurden die Werbetrommeln gerührt und im Sommer 1623 brachte Wallenstein eine Armee von 40.000 Mann zusammen. Auch Peter von Kaps mit seinen Leuten - sie irrten in der letzten Zeit planlos umher, denn das Heer Tillys zerbröckelte allmählich - meldete sich zu den Landsknechten Wallensteins.

Mit glühenden Augen, voller Begeisterung und von Idealismus beseelt zogen Peter und die Seinen in den Kampf.

Es kam der November dieses Jahres und mit ihm die Schlacht bei Lützen, in der der alte Haudegen Pappenheim und der Schwedenkönig Gustav Adolf auf dem Schlachtfelde blieben. Die Schlacht von Lützen brachte weder den Schweden noch Wallenstein einen vollen Sieg. Weil viele Offiziere nach der Ansicht Wallensteins nicht ihre volle Schuldigkeit getan hatten, hielt er ein großes Strafgericht und ließ sogar etliche enthaupten.

Peter von Kaps zog nun im Dienste Wallensteins von einer Schlacht in die andere. Oft wurde er verwundet, es schreckte ihn nichts ab. Von Sieg zu Sieg eilte er. Mit Freude spornte er immer sein Pferd an, wenn es in den Kampf ging.

Das Jahr 1634 war für Deutschland ein Schweres. Am 25. Februar wurde Wallenstein von Soldaten in Eger ermordet. Die Landsknechte des großen Friedländers zogen auseinander. Peter von Kaps wandte sich der Heimat zu. Als Erinnerung an seine Kriegszeit nahm er sich einen Gefangenen schwedischen Soldaten mit.

Dem Soldaten ließ er daheim nichts abgehen. Eigene Dienerschaft stellte er ihm zur Verfügung, festliches Essen und jeden Wunsch erfüllte er ihm. Nur einen nicht, den Lieblingswunsch.

Der schwedische Soldat konnte gut deutsch. Er erzählte von seiner Heimat und bat den Kapsburgherrn jedesmal, wenn er von der Heimat berichtete, er möge ihn freilassen, denn in der Heimat warten seine Mutter, seine Frau und drei Kinder auf ihn. Ganz krank wurde der fremde Soldat.

Endlich ließ ihn der Peter von Kaps ziehen. Wie der schwedische Reiter das Burgtor hinter sich hatte, sagte er: "Bis zu den Bergen, dann ein Ende."

Müde und schwach waren seine Beine. Sie trugen den kampfgewohnten Soldaten nur bis über die Grenze. Im Bayrischen drüben erlag er und starb.

Einmal will man ein Lichtl - ganz blutrot war es und unruhig zuckte es - über die Berg wandern gesehen haben. Das Lichtl ging der Burg Kaps zu und erlosch dort.

Seitdem das Lichtl in der Burg Kaps Platz genommen hatte, geisterte es in jenen Nächten, an dessen Tag zuvor der schwedische Soldat die Burg verlassen hatte.

Erst als Peter von Kaps das Zeitliche segnete, verschwand der Geist.


Schloss Kaps ist seit 1679 im Besitz der Grafen Lamberg
Vgl. Dehio-Tirol, 1980, S. 424
Grabstein mit Familienwappen des Grafen von Lamberg an
der Ölbergkapelle, Kitzbühel
© Berit Mrugalska, 29. Mai 2005

Quelle: Anton Schipflinger in: Kitzbühler Nachrichten 1939, Nr. 42, S. 8.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler, Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).