Die tapferen Weiber

Vor langer Zeit, da war Kitzbühel vom Feinde bedroht. Es sollen schwedische Reiter in die Gegend einzudringen versucht haben. - Überall verbreitete sich diese Nachricht mit Angst und Schrecken. Die Männer wollten nicht zu den Waffen greifen, denn sie vermeinten, der Übermacht des Feindes erliegen zu müssen. In der letzten Stunde entschlossen sich die Weiber von Kitzbühel und Umgebung, dem Feinde entgegen zu gehen und ihn nicht in das Land zu lassen. Zu diesem Zwecke trieben sie alle Ziegenböcke der Umgebung zusammen, befestigten zwischen den Hörnern eine Kerze und zogen mit Gabeln, Sensen, Hacken und anderen derartigen Werkzeugen dem Feinde entgegen. Als es dunkel wurde, zündete man die Kerzen zwischen den Hörnern an. Wie die schwedischen Reiter diesen geisterhaften Zug beobachteten, packte sie ein Grausen und sie nahmen sofort Reißaus. Kitzbühel war vom Feinde gerettet.

Kirchenbank © Berit Mrugalska
Kirchenbänke in der Liebfrauenkirche, Kitzbühel
kunstvolle Schnitzereien der Wangen: Löwenköpfe, Masken und Akanthusranken
© Berit Mrugalska, 29. Mai 2005

Zur Dankbarkeit für ihre Tat erhielten die Weiber das Recht, in der Kirche auf der rechten Seite - wo eigentlich der Platz der Männer ist - knien zu dürfen.

Quelle: Anton Schipflinger in: Tiroler Heimatblätter, 1947, Nr. 9/12, S. 170.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler, Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).