Der barmherzige Raubritter

Eine Silzerin, die vor gut 120 Jahren das Licht der Welt erblickt hatte, versicherte einst einem in Motz wohnhaften Heimatforscher*), in ihrer Jugendzeit noch deutliche Mauerreste vom "alten" Schloss gesehen zu haben.

Dieses Schloss sei auch einmal Raubritternest gewesen.

Ein Räuberhauptmann sei aber kein übler Kerl gewesen.

An den "barmherzigen Raubritter" erinnert übrigens folgende Sage:

Eine Kellnerin beim Bierwirt in Silz hatte sich unsterblich in den Jäger des Raubritters verliebt.

Eine Wahrsagerin gab ihr den Rat, wie sie den Liebsten für sich gewinnen könnte: "Du musst in der Heiligen Nacht zum alten Schloss hinaufgehen und eine Hauswurz ausgraben!"

Blühender Hauswurz
Blühender Hauswurz in Tarsch (Latsch, Südtirol)
© Berit Mrugalska, 10. Juli 2004

Während nun das Mädchen droben nach der Wurzel grub, kam ein Affe aus dem Schloß packte das Mädchen und trug es in den Turm.

Das Gesinde lief im Schlosshof zusammen, und verfolgte gespannt den Lauf der Dinge. Der Räuberhauptmann erschien und fragte die Kellnerin mit strenger Miene: "Warum bist du zu uns herauf gekommen?" "Ja,
wegen dem Jäger, den ich sehr lieb habe," antworte sie.

Damit war zur Überraschung aller das Verhör vorbei.

Nach drei Tagen durfte sie den Jäger heiraten und der Räuberhauptmann schenkte dem jungen Paar die Rochhütte auf
dem Großen Sandbühel.

*) Dr. Norbert Mantl

Quelle: Einige Sagen aus unserer Umgebung, Johann Zauner, gesammelt in einem gemeinsamen Projekt der Volksschule Mötz und Voklsschule Silz, S. 14.