DER SCHWARZE HUND

Ein Senner auf der Gaislachalm liebte eine Dirn auf dem Leiterberge. Gar oft machte er den drei Stund weiten Weg zu ihr. Einmal hatte er sich recht lange bei ihr aufgehalten. Erst gegen Mitternacht machte er sich auf den Heimweg durch den finsteren Wald. Er schritt eilig dahin. Plötzlich hörte er in der einsamen Gegend einen Hund bellen. Damals aber gab es in ganz Sölden keinen Hund. Das Gekläffe war so unheimlich und schaurig, daß dem Senner gruselig zumute wurde. Da hörte er auf einmal Schritte. Die kamen immer näher und näher; plötzlich stand vor dem erschrockenen Wanderer ein großer, schwarzer Hund mit feurigen Augen. Der Bursch stieß in seiner Angst die Worte hervor: Jesus, Maria und Josef!" Da verschwand der Hund, als ob ihn die Erde verschlungen hätte.

Falkner, Christian, Sagen aus dem Ötztal, in: Ötztaler Buch (= Schlern-Schriften 229), Innsbruck 1963, S. 139
aus: Sagen und Geschichten aus den Ötztaler Alpen, Ötztal-Archiv, Innsbruck 1997